Mit Musiker Renato Bizzotto aus Muri werfen wir einen Blick darauf, was er unter dem Begriff Heimat versteht.
Unter dem Begriff Heimat könne man eine ganze Menge verstehen, meint Renato Bizzotto bei einem Gespräch in Muri. Er lässt sich nicht lange bitten und führt dabei aus, dass man darunter rein historisch einmal den Ort verstanden habe, wo man sein Bett und sein Stück Land gehabt habe. Heute meint er etwas lakonisch ist Heimat wohl dort, wo man Steuern zahle. Doch ganz so einfach und neutral ist es natürlich nicht mit dem Begriff und deshalb lässt sich der engagierte Musiker auch nicht lange bitten, um seine Ansichten weiter auszuführen.
Renato Bizzotto
Heimat ist verschiebbar
«Für mich ist Heimat eine sehr offene Sache, die sich auch verschieben lässt. Die Heimat ist nicht immer am selben Ort, sondern dort, wo das Heim ist, das soziale Umfeld stimmt», studiert Renato Bizzotto über den Begriff nach und führt weiter aus, dass Heimat auch viel mit Integration zu habe. «Wenn ich das Geburtsland verlasse und woanders hinziehe, dann muss ich mich dort integrieren, denn sonst fühle ich mich nicht wohl, nicht heimisch», erklärt er weiter.
Renato Bizzotto weiss, wovon er spricht, denn er hat während vier Jahren in China gelebt. Kein einfaches Land, um sich wohl zu fühlen und trotzdem ist während dieser Zeit China zu seiner Heimat geworden. «Ich hatte zwar Heimweh nach der Schweiz, aber wenn ich in die Schweiz gekommen bin, dann nur für Ferien und musste oft feststellen, dass sich auch die Schweiz verändert hat und nicht mehr meinem Bild im Kopf entsprach», versucht Renato Bizzotto zu erklären. «Ich wollte schon immer etwas Unkonventionelles machen, Grenzen verschieben und mit meinem Aufenthalt in China tat ich das.»
Ausserdem so führt der Musiker weiter aus, sei er kein typischer Schweizer, als Sohn eines Italieners und einer Schweizerin, habe er durchaus in seinen Anlagen das italienische Temperament. Allerdings räumt er auch ein, dass er in China durchaus als typischer Schweizer galt, da er Werte, wie Genauigkeit und Exaktheit vertrat. Allerdings räumt er ein, dass er habe lernen müssen, dass es immer verschiedene Wege gebe, um zu leben und fügt gleich weiter an, dass dies ganz Europa gut tun würde, wenn dies verinnerlicht würde.
Schweizer – Murianer – Freiämter?
Daraus stellte sich dann ganz automatisch die Frage, als was er sich denn nun fühle? Renato Bizzotto gibt unumwunden zu, dass er schon sehr stark mit Muri verbunden sei. Gleiches räumt er auch für seine beiden Söhne ein, die allerdings neben den Schweizerwurzeln auch welche aus China in sich tragen, denn schliesslich ist Renato Bizzotto mit einer Chinesin verheiratet, die durchaus auch einmal Heimweh nach China hat. Allerdings ist für den Musiker Renato Bizzotto China inzwischen keine Heimat mehr: «Wenn ich heute nach China reise, dann besuche ich Freunde und mache Ferien, aber zu Hause bin ich in der Schweiz in Muri.» Allerdings gibt Renato Bizzotto auch zu, dass er viele seiner Tätigkeiten auch aus dem Gefühl des «Freiämters» ausführen würde – und dabei kommt er auf das «Wir-Gefühl» zu sprechen, von dem er überzogen ist, dass dies in Muri und im Freiamt noch stark vertreten ist.
«Ein Projekt wie ‹The Muri Competion› wäre nicht möglich, wenn das Freiamt und Muri dieses Denken nicht mehr hätten», ist er der festen Überzeugung. Und er ist der Meinung, dass auch heute ein «Freiämtersturm» durchaus noch möglich sei, auch wenn jedes Dorf sonst für sich und je nachdem eine enge Zusammenarbeit nicht möglich sei. Aber er ist davon überzeugt, dass wenn ein Projekt genügend spannend ist, man die Leute mitreissen und begeistern kann.
Bettina Leemann
17. Mai 2017
Bild: Bettina Leemann