Extra aus der Schweiz war man nach Odessa gereist, um dem Publikum hier Bläsermusik vom Feinsten zu bieten.
Der Besuch eines Konzertes in Odessa ist für Westeuropäer ein kleines Abenteuer. Man kann sich über die hiesigen Gepflogenheiten ärgern oder sie einfach nehmen wie sie sind und dabei wunderbare Konzerte geniessen. Der Unterschied liegt beispielsweise schon darin, dass die Odessiten nicht pünktlich zum Konzert kommen und entsprechend fangen alle mit einiger Verspätung an. Weiter geht es damit, dass es im Konzertsaal ein offenes WLAN-Netz gibt. Entsprechend wird munter gesurft und gegoogelt, aber nicht telefoniert. Auch Fotografieren und Videos drehen ist an der Tagesordnung. Dass man während des Konzertes aufs Internet kann, hat aber auch durchaus seine Vorteile, denn man kann sich so direkt vor Ort über Künstler und die gespielten Werke informieren.
Ein historisches Konzert
So stand also auch das Konzert der Schweizer Bläserformation auf dem Programm. Ein historisches Konzert, wie Alexey Botvinov betonte, denn hier in Odessa wird kaum Musik in Trio, Quartett oder anderen solchen Kleinformationen gespielt. Auch das Repertoire der Bläser ist hier praktisch unbekannt. Entsprechend war man sehr gespannt, wie denn dieses anspruchsvolle Programm beim Publikum ankommen würde. Doch man hatte Glück ‒ Renato Bizzotto (Oboe), Charles Fässler (Horn), Leonardo Bizzotto (Fagott) und Dimitri Ashkenazy (Klarinette) sowie Alexei Botvinov (Klavier) hatten das Publikum rasch auf ihrer Seite. Sie spielten alle zusammen hervorragend und gaben die Freude an der gespielten Musik direkt an das Publikum weiter. Allerdings mussten auch die Musiker sich damit abfinden, dass nach jedem Satz geklatscht wurde. Doch all dies tat der guten Stimmung im Saal keinen Abbruch. Schliesslich gab es stehende Ovationen und warmen herzlichen Applaus. Und die Odessiten hatten an diesem Abend die Erfahrung gemacht, dass Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791), Francis Poulenc (1899 bis 1963) und Carl Stamitz (1745 bis 1801) ganz tolle Werke für Bläser geschrieben haben.
Bettina Leemann
6. Juni 2018
Bilder: Bettina Leemann
{flickr album=72157691909191330}