Weihnachten kann man auf die verschiedensten Arten feiern. Doch wie feiern Kinder Weihnachten, die kein optimales Zuhause haben oder keine Familie mit der sie feiern können.
Das St. Benedikt in Hermetschwil ist ein Sonderschulheim für normalbegabte Knaben und Jugendliche im Schulalter, welche sich in einer psychosozial belastenden Situation befinden. Wie erleben solche Kinder die aktuelle Weihnachtszeit? Gesamtleiterin Pia Iff, schmunzelt etwas auf den Stockzähnen bei dieser Frage und meint dann: «Ganz normal wie eine gutbürgerliche Familie.» Hört man bei ihren Ausführungen aber genau hin, dann merkt man, dass wohl das Eine oder Andere etwas anderes ist, als bei Familie Meier und Huber.
Traditionen vermitteln
Wie für alle Kinder ist die Advents- und Weihnachtszeit auch für die Kinder im St. Benedikt in Hermetschwil eine besondere Zeit. «Man merkt, dass die Kinder unter Spannungen stehen, dass sie Weihnachten herbeisehnen, so wie das alle Kinder machen», hält Pia Iff fest. Man würde einfach versuchen, den Kindern möglichst viele Traditionen zu vermitteln. Das gehe vom Adventskranz, über den Adventskalender, bis hin zum gemeinsamen «guetzle». Und natürlich wird in den unterschiedlichen Gruppenhäusern Samichlaus und Weihnachten gefeiert. «Da die meisten Kinder zwischen Weihnachten und Neujahr in ihre Familie können, feiern wir in den Gruppenhäusern einfach bereits etwas früher», skizziert Pia Iff den Ablauf. Gefeiert wird allerdings ganz traditionell und gutbürgerlich, so wie wir uns alle Weihnachten vorstellen. «Da steht in jedem Wohnzimmer der Gruppenhäuser ein Tannenbaum, der geschmückt ist, unter dem Baum liegen Geschenke für die Kinder, alle ziehen sich festlich an, und geniessen ein feines Abendessen», führt die Gesamtleiterin des St. Benedikt weiter aus. Das sei wirklich alles ganz «stinknormal» und darum gehe es schliesslich auch in ihrer Arbeit, dass man den Kindern solche Traditionen mitgebe.
Pia Iff
Gesamtleiterein
St. Benedikt
Geschenke für alle
Besonders erfreulich sei auch, dass sie auch in diesem Jahr wieder Weihnachtsgeschenke von der Firma General Electric aus Birr gespendet bekommen hätten. Dabei durften die Kinder einen Weihnachtswunsch auf einen Tannenbaum schreiben. Diese Wunschbäume wurden in der Firma aufgehängt und die Mitarbeiter konnten sich einen Wunsch zum Erfüllen aussuchen. Zu Beginn dieser Woche hätte dann die Betriebsfeuerwehr von General Electric ganz viele grössere und kleinere Pakete vorbeigebracht. «Bei den jüngeren Kinder sind die Pakete teilweise noch recht gross, weil sie sich ein ferngesteuertes Auto oder Ähnliches wünschen würden, während bei den Teenagern die Päckchen klein seien, weil sich diese oft einen Gutschein wünschen», erklärt Pia Iff die vorhandenen Wünsche und meint dazu, dass das ganz normale Kinderwünsche seien, die hier erfüllt werden. Auch die einzelnen Gruppen haben ein Budget für ein Weihnachtsgeschenk. Dabei kann es aber auch sein, dass sich die Gruppe für ein Gruppengeschenk entscheidet. «Der Ausflug nach Rust in den Europapark als ganze Gruppe erfreut sich dabei nach wie vor einer grossen Beliebtheit», meint Pia Iff lachend.
«Alleine» Weihnachten verbringen
Neben all dieser «Normalität», welche man den Kindern zu vermitteln versucht, gibt es allerdings auch eine Kehrseite. Eigentlich wäre das St. Benedikt vom Betrieb her darauf ausgerichtet, dass man diesen zwischen Weihnachten und Neujahr schliessen könnte. Allerdings ist man aber schon seit einigen Jahren dazu übergegangen ihn auch über diese Zeit offen zu halten. «Nicht alle Kinder und Jugendlichen haben eine Familie, bei der sie Weihnachten und Neujahr verbringen wollen und können», erklärt die Gesamtleiterin und führt weiter aus, dass man diesen Umstand allerdings nicht bewerten dürfe. Auch nicht werten und zu sehr an sich herankommen lassen dürfe man manchmal auch nicht den Umstand, dass gewisse Kinder oder Jugendliche im letzten Moment doch nicht abgeholt würden. «Die Lebensrealität ist für die Kinder hier manchmal knallhart», meint sie betroffen. Manchmal wollen auch die Kinder und Jugendlichen das St. Benedikt in diesen Tagen aus nachvollziehbaren Gründen nicht verlassen. «Das St. Benedikt ist für sie ein sicherer Ort. Wir sind aber nicht die Familie», hält Pia Iff dezidiert fest. Mit den Kindern und Jugendlichen, die Weihnachten im St. Benedikt verbringen werden, werde man allerdings auch etwas Spezielles machen. Beispielsweise einen Ausflug an die Sonne und in den Schnee und vielleicht ein Essen in einem Restaurant. Für dieses Jahr habe man noch keinen definitiven Entscheid getroffen. Weihnachten und Neujahr sind im St. Benedikt in Hermetschwil halt doch etwas anders als bei Familie Meier oder Huber.
Bettina Leemann
19. Dezember 2018
Bilder: Pia Iff