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Eigentlich sollte das schwul sein in unserer Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber nicht. Am Kafi-Tratsch im Kellertheater Bremgarten ging man mit Moritz Bütler der Spur und seinen Auswirkungen nach.

Für den 25-jährigen Moritz Bütler ist es heute kein Problem mehr dazu zu stehen, dass er schwul ist. Das sei aber nicht immer so gewesen, sondern es war ein langer Prozess, erklärte er anlässlich des Kafi-Tratsch im Gespräch. Für seine Eltern sei dies kein Problem und während der Schulzeit habe er sich verstellt. «Ich habe mich nicht getraut zu zeigen, dass ich «anders ticke» und habe alles dafür getan, einfach männlich zu sein.» So habe er drei Mal in der Woche intensiv Fitness betrieben und sich männlich gekleidet, erinnert sich Moritz Bütler, und war überzeugt: «So kann man nicht schwul sein.» Mit 14 Jahren habe er es gemerkt, dass er schwul ist und mit 18 Jahren realisiert, dass das zu seinem Leben gehört. «Es hat aber lange gedauert, bis ich klar kam und mich äussern konnte.» Es sei eine schwierige Zeit gewesen und irgendwie immer unangenehm, aber heute könne er klar festhalten: «Ich will einfach so leben und habe ein Anrecht auf ein normales Leben wie alle anderen auch.»

Öffentlich machen alleine genügt nicht
Darauf angesprochen, dass es je nach Position in Gesellschaft und Politik zum guten Ton gehört, sich zu outen, meinte Moritz Bütler kurz und bündig: «Unser Leben ist ganz normal, also was soll das sich outen.» Er erinnerte daran, dass sie – die Schwulen – ein Teil des gesellschaftlichen und politischen Lebens seien und einfach auch daran teilnehmen wollen, aber nicht erst nach einem sich öffentlich machen. Moritz Bütler hielt unmissverständlich fest: «Wir müssen uns nicht rechtfertigen.» Er könne sich aber durchaus vorstellen, dass das Outen von Persönlichkeiten eine positive Wirkung haben könne. Wenn eine Persönlichkeit aus Wirtschaft oder Politik dazu stehe, dass er Homosexuell sei, könnte das ein Signal sein – auch als Schwuler kann man etwas erreichen. Er wolle die jungen Menschen informieren und mobilisieren zu sich als Mensch und ihrem Lebensgefühl zu stehen, betonte Moritz Bütler – und er hoffe einen Beitrag dazu leisten zu können, dass der immer wieder aufgewühlte Graben zwischen normal und schwul endlich zugedeckt werde und ein Zusammenleben in der Gesellschaft unabhängig der individuellen Lebenseinstellung (endlich) möglich sei.

«Ich will leben wie ich bin, es ist mein Leben und ich will respektiert werden.»

Moritz Bütler

Die Bühne als Instrument nutzen
Bevor Moritz Bütler auf die Frage einging, warum auch noch das Theaterspektakel «Drag Queens» hielt er fest: «Dass Männer in Frauenkleider auf der Bühne hat Geschichte und der Stil der Drag Queens ist nicht zwingend aus der Schwulenszene.» Für ihn sei es aber eine Möglichkeit die Schwulenszene sichtbar zu machen und Verständnis zu wecken. Er wolle mit seinen zwei Freunden musikalisch, tänzerisch und in herrlichen Frauenkleidern einen Weg aufzeigen. Es sei das Aufwachen schwul zu sein, das Verdrängen, das Akzeptieren und letztlich sagen wir sind. «Wenn ich <Drag Queens» sein kann, lerne ich weiter zu meinem Leben zu stehen.» Mit einem Lächeln machte er aber darauf aufmerksam, dass die Vorbereitungszeit mit der Herstellung der Kostüme, die sie alle selber nähen, rund sechs Monate und das Make up in allen Details rund vier bis sechs Stunden vor dem Auftritt beansprucht. Er wolle etwas aufzeigen und darstellen, meinte er, aber sei sehr erleichtert, wenn die Kostümlast wieder weg sei. «Es ist mir nicht wohl in den Frauenkleider, alles ist so schwer und unbequem, sind es doch rund 20 Kilogramm Material auf Kopf und Schultern.»

Am Abend war Moritz Bütler dann als Miss Moe Tivation gemeinsam mit Vio la Cornuta auf der Bühne des Kellertheaters Bremgarten zu erleben und die Show und ihre Geschichte begeisterte das Publikum – durchmischt mit Menschen aus allen Generationen. Es ist Moritz Bütler und seinen Freunden zu wünschen, dass ihre Bemühungen für mehr Transparenz nicht im Kellertheater liegen geblieben sind.

Richard Wurz
27. Juni 2022
Bilder: Bettina Leemann