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Einen Blick über den Mangerand hinaus mit Johannes Muntwyler.
Kafi-Tratsch

Kein Zirkuskind – ein Zirkusmensch

Es war keine Programmbesprechung am Kafi-Tratsch in Bremgarten, sondern eine belebende Reise durch die Welt des Zirkus Monti mit Johannes Muntwyler.
Datum: 27. März 2023

Man liege völlig falsch, wenn man einfach annehme seine Wiege sei in irgendeinem Zirkuswagen gestanden, hielt Johannes Muntwyler fest. Das erste Mal in der Manege sei er als Schüler 1977 am Fest in Wohlen gestanden. Damals habe er auch mit Jonglieren begonnen. 1978 sei die Familie Muntwyler während den Sommerferien mit dem Circus Olympia auf die Reise gegangen. «Mein Vater konnte mit der Familie Gasser abmachen, dass wir mitreisen durften. Es war wohl schon fast ein bisschen frech, aber wir konnten drei kleine Clownnummer im Programm machen und waren so das erste Mal mit der ganzen Familie als die ‹5 Montis› unterwegs.» Es sei ein riesiges Erlebnis für die ganze Familie gewesen, die aber auch alles bestens machte. Mit dem Jonglieren habe er aber bereits vor der ersten Tournee begonnen und intensiv mit dem Training begonnen. Johannes Muntwyler hielt aber ganz klar fest, dass es nie sein Traum gewesen sei Artist zu werden. Nachgefragt was denn, meinte er mit einem Lächeln: «Ich wollte immer Buschauffeur auf der Strecke Frutigen-Adelboden werden.» Er sei aber dann Jongleur geworden und im Circus Monti habe er neben der Manege in allen Bereichen mitgearbeitet. Als der Gastspielort Adelboden war, habe sich aber sein Kinderwunsch noch erfüllt. «Ich konnte das erste Mal mit dem Lastwagen nach von Frutigen nach Adelboden hinauf fahren – das war ein riesiges Erlebnis», schwärmte Johannes Muntwyler auch noch nach bald 30 Jahren.

«Wir haben die Freiheit zu entscheiden, wer Regie führt … und die Regie die Freiheit ein Programm zu gestalten, das beim Publikum ankommt.»

Johannes Muntwyler

Artist im Nebenamt
Er habe als Artist schon einige Abstecher in andere Manegen gemacht, aber sein Artistenleben habe sich fast nur im Circus Monti abgespielt. «Wir haben den Circus Monti 1984 gegründet und wollten ihn gemeinsam in die Zukunft führen und das wurde nur möglich, weil wir auf allen Positionen unseren Einsatz leisteten.» Er betonte aber, dass Jongleur sein Beruf sei und er liebe ihn, obwohl ihn das Jonglieren immer extrem nervös mache. Das sei der Druck immer wieder perfekt etwas Neues zu zeigen und dann fällt einfach eine Keule runter und alle sehen es. Johannes Muntwyler betonte aber: «Erfolg oder nicht, man spürt das Publikum direkt und das ist das wunderbare Erlebnis, das in die Tiefe geht.» Er habe aber einst beschlossen mit 50 im Jahre 2014 seine Artistenzeit abzuschliessen. Der Vorsatz hielt drei Jahre, denn auf der Tournee 2017 traf man Johannes Muntwyler als Tellerjongleur in der Manege an. Es sei die einzige Nummer, die ihn reize es noch einmal zu tun. Da gehe man einfach in die Manege und freue sich am Nervenkitzel des Publikums – fällt der Teller oder bleibt er oben. So nebenbei angemerkt, können auf einer Tournee locker gegen 1000 Teller in die Brüche gehen. Ein bisschen sinnieren sei erlaubt, denn nächstes Jahr wird der Circus Monti 40 Jahre und Johannes Muntwyler 60 Jahre alt.

Es bleibt der Circus Monti
Aus der einstigen Gruppe die «5 Montis» ist inzwischen ein Zirkusunternehmen geworden mit einer Zirkustournee, Montis Variété, Kulturtage Wohlen, Zeltvermietung europaweit und die Zirkusvorstellungen finden in einem mastfreien Zelt mit bequemen Stühlen statt. Nachgefragt ob das alles machbar sei, meinte Johannes Muntwyler: «Es hat sich einfach so entwickelt und wir haben nicht die Frage gestellt, ob wir das können oder nicht. Meine Eltern hatten ein Urvertrauen, dass sich immer eine Lösung findet und es Menschen gibt, die einfach mithelfen.» Dieses Urvertrauen haben sie zum Glück mitgegeben und gesamthaft gesehen, habe es immer funktioniert, meinte Johannes Muntwyler. Man habe auch nie einen Businessplan gemacht, auch wenn es manchmal sicher gut gewesen wäre. «Zum Glück aber haben wir keinen gemacht, sonst wären wir nicht das, was wir heute sind – wir haben viel aus dem Bauch heraus entschieden.» So werde der Circus Monti neben dem Zirkus Knie in der Deutschschweiz als Zirkus auch wahrgenommen. Das dürfe sicher mit Stolz darauf zurückzuführen sein, dass der Circus Monti nicht auf viel Technik und Show sein Programm aufbaue, sondern eine Manege präsentiere, wo das Publikum die Artisten noch spüre. «Wir sind einfach anders und das ist unsere Stärke.»

Auf die Zukunft angesprochen, meinte Johannes Muntwyler, dass er sich immer ein volles Zelt wünsche und ein neugieriges Publikum, das bereit sei Neues aufzunehmen. Für ihn selber habe aber auch der Prozess des Loslassens begonnen und die Verantwortlichkeiten innerhalb der Familie weiterzugeben. «Man muss es auch schaffen los zu lassen solange man noch auf einem wartet.» Dazu brauche es eine Offenheit immer wieder andere Formen zu sehen und nicht zu glauben, die Welt drehe sich ohne Zirkus nicht mehr – aber ohne Zirkus drehe sie sich weniger farbig und das wäre schade. Es sei ihm klar, dass man die Welt mit dem Zirkus nicht retten könne, meinte Johannes Muntwyler abschliessend, aber man könne einen Ort schaffen, wo es für einen Moment wie ein Heimkommen ist.

Richard Wurz
27. März 2023
Bilder: Patrick Honegger

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