Man muss ein gutes Organisationstalent sein, wenn man sich in Muri als Stadtrat oder gar als Schultheiss in einer der drei traditionellen Städte engagiert.
Auch in diesem Jahr müssen sich die Organisatoren*innen der 5. Jahreszeit, sprich der Fasnacht, etwas besonderes einfallen lassen. In Muri hat man sich entschlossen, die Fasnacht nicht abzusagen, sondern zu verkürzen und die Anlässe mehrheitlich draussen durchzuführen. Über das Brauchtum Fasnacht gab beim ersten Kafi-Tratsch des Jahres 2022 der Schultheiss von Muri-Wien, Paul Rey – Paul der Smarte, Auskunft über das Kulturgut Fasnacht, aber auch darüber was hinter den närrischen Tagen tatsächlich an Organisationsaufwand steckt.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, Paul Rey hat die Fasnacht im Blut. Seit unzähligen Jahren engagiert er sich als Stadtrat der Stadt Muri-Wien mitten im Klosterdorf und genau genommen geht sein Engagement noch viel weiter. Er ist nicht nur Stadtrat, sondern seit zehn Jahren Schultheiss der Stadt Muri-Wien. Ein hohes Amt, denn mit seinen beiden Amtskollegen aus Adelburg und Neuenburg hat er für zehn Tage, nämlich während der Fasnacht, die Macht über die Gemeinde Muri in seinen Händen – bis er den Amtsschlüssel wieder an den Gemeinderat zurückgibt. Mit einem Augenzwinkern meinte er, dass man als Schultheiss in diesen Tagen ganz schön viel zu tun habe, denn schliesslich müsse man dafür sorgen, dass an den restlichen 355 Tagen der Gemeinderat die richtigen Entscheidungen fälle.
Eine Fasnacht, die in die Geschichte eingeht
Die Fasnacht 2022 wird eine derjenigen sein, die in die Geschichte eingeht, denn es ist eine besondere Fasnacht, weil sie in Muri verkürzt stattfinden wird. Es sind nur vier närrische Tage, welche im Jahr 2022 durchgeführt werden – vom Schmutzigen Donnerstag bis am Fasnachtssonntag. Danach geht die Amtsmacht wieder zurück an den Gemeinderat. Jetzt aber zu behaupten, dass damit die Fasnacht deutlich weniger zu tun gibt, wäre schon etwas dreist. «Wir versuchen in diesem Jahr möglichst alles draussen durchzuführen», fasste Paul Rey zusammen. Die Fasnacht 2022 ist für Paul Rey persönlich aber auch eine ganz besondere. «Dies wird meine letzte Fasnacht als Schultheiss sein. Ich gebe mein verantwortungsvolles Amt in die Hände eines Jüngeren», meinte er schmunzelnd. Irgendwann müsse einfach Schluss sein. Da er mit der Pensionierung eh in einen neuen Lebensabschnitt trete und noch einiges erleben wolle, habe er sich entschieden, nun auch mit der Fasnacht aufzuhören.
Der Reiz der Fasnacht
Eine der entscheidenden Fragen an diesem Morgen am Kafi-Tratsch war allerdings, was denn der Reiz an der Fasnacht sei. Paul Rey meinte etwas nüchtern, dass es um den Erhalt eines Kulturgutes gehe, das mehr als 200 Jahre alt sei. Es gehe darum mit Larven und Lärm den Winter und die bösen Geister zu vertreiben. Natürlich habe sich die Fasnacht in den letzten Jahren stark verändert, aber dieser Grundsatz sei eigentlich geblieben und müsse unbedingt auch in Zukunft erhalten bleiben. An der Fasnacht können man mit etwas Schminke und einem Kostüm, das unbedingt dazu gehöre, in eine andere Rolle schlüpfen. Man könne das Leben für einen Moment etwas lockerer nehmen. Dazu gehöre für ihn allerdings nicht zwangsweise eine Unmenge von Alkohol. In diesem Sinne ist das Motto der diesjährigen Fasnacht in Muri sicher auch passend. Mit «Ab uf d’Alp» kann man für einige Stunden dem im Moment so anstrengenden Alltag entfliehen.
So bleibt zu hoffen, dass die Fasnacht nicht stirbt, sondern bleibt, was sie schon immer war. Zehn Tage im Jahr, an denen die Menschen einfach Mensch sind und es nicht oder zumindest einmal etwas weniger um soziale Stellungen und Verpflichtungen geht. Nach diesen zehn Tagen kann man dann wieder der/die ganz normale Bürger*in sein.
Bettina Leemann
30. Januar 2022
Bilder: Bettina Leemann
Weitere Informationen unter www.fasnacht-muri.ch