Skip to main content

Ein Kafitratsch der speziellen Art gab es am letzten Samstag im September von freiamtplus im Café Spatz in Bremgarten. Der Gast war dieses Mal gleichzeitig einer der Gastgeber, nämlich Richard Wurz.

Lange hatten es sich die regelmässigen Gäste vom Kafi-Tratsch gewünscht, dass Mitinitiator und begabter Schreiber Richard Wurz auch einmal einen etwas speziellen Einblick in sein Leben geben würde. Doch der Zufall musste tüchtig mithelfen, dass dieser Wunsch in Erfüllung ging, denn bis anhin hatte sich Richard Wurz diesem Ansinnen erfolgreich entzogen. Als aber der geplante Gast für den September in letzter Sekunde den Tratsch absagen musste, weil er den Termin lange im Voraus bereits vergeben, ihn aber nicht in die Agenda eingetragen hatte, weil er so klar und auf der Hand lag, blieb Richard Wurz nichts anderes übrig, als den dargebotenen Kelch entgegen zu nehmen.

Katholisch, Zürich und Freiamt
Unter den oben stehenden Titel könnte man den Tratsch guten Gewissens stellen. Richard Wurz erzählte der interessierten Schar, dass er als Katholik in der reformiert, zwinglianischen Stadt Zürich, genauer in Wollishofen, aufgewachsen sei. Dies in einem der beiden Arbeiterblöcke, die es damals an der Butzenstrasse, der Verbindung von der Stadt nach Leimbach, gab. Damals, so erinnerte er sich, gab es für die 36 Familien gerade einmal sieben Badewannen, die nach einem genauen Plan am Samstag zum Baden genutzt werden konnten. Sein Vater hatte klare Richtlinien, nach welchen die Familie ihr Leben zu richten hatte. Diese waren zum einen, dass Gesetz und Ordnung geachtet werden, man katholisch sei und zum dritten nicht auffallen soll. Vor allem der Fakt, dass man im reformierten Zürich zum katholischen Teil der Bevölkerung gehörte, hatte Richard Wurz bereits in frühen Jahren entscheidend geprägt. Er sprach im Kafi-Tratsch davon, dass er dadurch, dass sein ganzes Umfeld katholisch war, Trompete spielen konnte. Etwas bedauernd hielt er fest, dass dann aber das Militär zu wenig katholisch war, so dass er nicht in die Militärmusik konnte, und folglich nie zum Militär ging.

«Ich bin ein katholischer Zwinglianer im Freiamt»

Richard Wurz

Doch die Musik brachte ihn ins katholische Freiamt, um genauer zu sein nach Muri, wo er bei der Gründung der Gugge Gängeli dabei war und dort während zehn Jahren aktiv mitspielte. In den ersten drei Jahren pendelte er in der Fasnachtszeit regelmässig zwischen dem Kanton Zürich und dem Freiamt und weil er sich am Anfang nicht besonders gut auskannte, suchte er einmal nach einem Auftritt über vier Stunden lang den Heimweg nach Hause. Diese Bemerkung löste einiges Augenzwinkern und verschmitztes Lächeln bei der Zuhörerschaft aus. Schliesslich, so meinte Richard Wurz, sei er aber im Freiamt gelandet und habe hier nicht nur eine wunderbare Partnerschaft geführt, sondern sei jetzt bereits seit mehr als vier Jahrzehnten im Freiamt und würde sich sehr wohl fühlen.

Etwas bewegen wollen
Der Wille, aber immer etwas in Bewegung zu setzen und manchmal auch mit seiner Meinung nicht hinten anstehen zu wollen, das komme ganz sicher aus seiner Zeit in Zürich. Schliesslich habe er auch die 1968-er Bewegung hautnah miterlebt und tatkräftig mitgemacht. Dieser Wille des Veränderns ist ihm bis heute erhalten geblieben. Hat er früher dafür gekämpft, dass in seiner Freiämter Wohngemeinde Merenschwand ein zweijähriger Kindergarten eingeführt wird, oder, dass man über alle Religionen und Nationalitäten hinweg, die es damals in Merenschwand gab, ein Fest organisierte, auch wenn der katholische Pfarrer dagegen war, so ist er heute doch etwas ruhiger geworden. Doch er konnte es auch an diesem Morgen nicht lassen und führte beispielsweise aus, dass das Freiamt in seinen Augen noch heute ein «Entwicklungsland» sei, was den öffentlichen Verkehr anbelange. Dies gelte zwar nicht unbedingt für Bremgarten, das sehr gut angeschlossen sei, aber wenn man früher von Merenschwand nach Lenzburg reisen wollte, dann sei das in einem vernünftigen Zeitrahmen unmöglich gewesen. Auch wenn man am Abend mit dem Zug von Zürich nach Affoltern und weiter nach Merenschwand wollte, dann sei spätestens an der Kantonsgrenze Schluss gewesen. So habe er, so meinte er etwas lakonisch, im Aargau gelernt, grosse Distanzen zu nächtlicher Stunde per pedes hinter sich zu bringen.

Es war ein überaus amüsanter und immer mal mit tiefer Ironie gespritzter Kafi-Tratsch gewesen an diesem Samstagmorgen im Café Spatz. Freuen darf man sich bestimmt auf den nächsten Tratsch am 26. Oktober. Auch wenn dann in Bremgarten gleichzeitig Markt der Vielfalt ist, kann man von 10 bis 11 Uhr einen spannenden Gast näher kennen lernen im Café Spatz bei Barbara Kammermann, organisiert vom freiamtplus-Team Bettina Leemann und Richard Wurz.

Bettina Leemann
28. September 2019
Bilder: Bettina Leemann

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.