Ist Volkstheater Kultur?
Was macht ein Regisseur am Morgen vor der Premiere seines aktuellen Stückes? Richtig! Er lässt sich ein auf einen Tratsch im Café Spatz organisiert durch freiamtplus, denn schliesslich hat er an einem solchen Morgen «nichts Besseres» zu tun, als sich noch bevor man das Stück gesehen hat, kritischen Fragen über seine Arbeit beim Theater zu stellen. Simon Ledermann ist ein mutiger Mann, denn genau auf diese Herausforderung hatte sich der Obwaldner am vergangenen Samstag eingelassen. Einen halben Tag vor der Premiere des Stückes «Der Drachen» von Jewgeni Schwarz im Kellertheater Bremgarten stand er beim Kafi-Tratsch Rede und Antwort und erzählte dabei Amüsantes aber auch viel Hintergründiges zu seiner Arbeit am Theater.
Vom Schauspieler zum Theaterpädagogen
Ursprünglich wollte Simon Ledermann Schauspieler werden und er hatte sich für diese Ausbildung auch in Zürich beworben. Doch bei seinem ersten Versuch wurde er mehr oder weniger brutal abgelehnt: «Ich wurde bei der Bewerbung tatsächlich gefragt, ob ich denn schon einmal im Theater war», erinnert sich Simon Ledermann. Erfahrung, als Zuschauer hatte er tatsächlich kaum welche, aber er hatte bereits an der Kantonsschule in Sarnen begeistert Theater gespielt und war sich sicher, dass er als Schauspieler taugen würde. Schliesslich hat er dann doch ein «solides» Studium in Zürich abgeschlossen, um es aber nach dem erfolgreichen Abschluss noch einmal an der Schauspielschule zu probieren, um sich nie selber vorzuwerfen, er hätte es nicht ernsthaft versucht. Dabei wurde er als Schauspieler erneut abgelehnt, aber man
Simone Ledermann,
Regisseur
riet ihm zur Ausbildung als Theaterpädagogen. Eine Kröte, die er erst schlucken musste, die sich dann aber als goldrichtig herausstellte. «Ich konnte Theater spielen und gleichzeitig Stücke kreieren und umsetzen und das war genau meine Welt.» In dieser Welt bewegt sich Simon Ledermann noch immer mit viel Herzblut und betont dabei, dass er sich aber nicht sehr gerne als Theaterpädagoge bezeichne, weil das so nach Regisseur zweite Klasse anhöre. «Ich hasse das Wort pädagogisch und möchte es im Zusammenhang mit einer Inszenierung meinerseits auf keinen Fall hören», erklärte er den anwesenden Gästen.
Volkstheater – Theater ohne Anspruch?
Einen Einblick gab es an diesem Morgen auch in das Stück «Der Drache». Der Regisseur erklärte und führte aus, was er mit den Schauspieleinnen und Schauspielern in den Proben das Stück erarbeitete. Wie man als Ensemble versucht einen gemeinsamen Nenner zu finden und einen gemeinsamen Weg einzuschlagen. Das ist nicht immer ganz einfach. Vor allem bei einer Komödie, sei das ganz besonders schwierig, weil längst nicht alle dasselbe unter lustig verstehen würden und man da nach dem richtigen Nenner suchen müsse. Auch über den Begriff «Volkstheater» wurde an diesem Morgen intensiv diskutiert. Simon Ledermann stellte die Aussage in den Raum, dass gerade dem Volkstheater manchmal anhänge «nur» unterhaltend zu sein und so gar nicht seinen Vorstellungen entspräche. Für ihn sei gerade «Volkstheater» auch politisch gefärbt und müsse die Menschen in ihrer Alltagswelt abholen und ernst nehmen. Gerade dadurch sei es überhaupt nicht zweitrangig oder minderwertig, sondern ebenfalls «Kultur» und habe eine grosse Daseinsberechtigung. «Gerade weil der Nachbar spielt und der andere Nachbar Zuschauer ist, hat das «Volkstheater» noch einmal eine ganz andere Aussagekraft», ist Simon Ledermann der festen Überzeugung. Mit allen seinen spannenden Ausführungen hat er an diesem Morgen im Café Spatz bestimmt dafür gesorgt, dass sich der eine oder andere auf die nicht ganz einfache Inszenierung des «Drachens» im Kellertheater Bremgarten einlässt und sich das Stück ansieht.
Bettina Leemann
25. Februar 2018
Bilder: Bettina Leemann
Der nächste Kafi-Tratsch findet am Samstag, 24. März, um 10 Uhr im Café Spatz Bremgarten statt.