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Der Kunstvermittler und Komponist Michael Schneider.
Kafi-Tratsch

Kultur ist ein menschliches Bedürfnis

Ohne Noten kein Konzert – Michael Schneider erzählte im Kafi-Tratsch aus seiner Welt als Komponist und Kulturvermittler.
Datum: 21. Juni 2021

Da war mit Michael Schneider eine geballte Kraft an Kultur Überraschungsgast am Kafi-Tratsch im Foyer des Kellertheaters Bremgarten. Er studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Komposition und war als Kulturvermittler unter anderem als Künstlerischer Leiter der Wettinger Kammerkonzerte und während 13 Jahren als Geschäftsführer am Künstlerhaus Boswil tätig. Seit einem Jahr ist er Geschäftsführer der Bildungsinitiative «Zuhören Schweiz». Daneben nahm für ihn aber seit seiner Jugendzeit das Komponieren einen wichtigen Platz in seinem Alltag ein.

Der Prozess steht im Mittelpunkt
Die Musik und schon gar nicht das Komponieren sei ihm in die Wiege gelegt worden, meinte der 57-jährige Michael Schneider mit einem Lächeln. Er sei in einem nicht musikalischen Elternhaus aufgewachsen, aber das Erlernen des Blockflötenspiels sei Pflicht gewesen und als 10-Jähriger habe er bei Fräulein Willi – mit Betonung auf Fräulein – Klavierstunden erhalten. Er wollte aber nicht einfach Musik machen, sondern seine eigenen Ideen und Impulse als Komposition auf Papier bringen. Die Erkenntnis dazu habe er schon in der Kanti-Zeit gehabt und ab dieser Zeit habe es ihn nie mehr losgelassen. Er habe für sich ein musikalisches Tagebuch mit allen seinen Ideen und Gedanken geführt. Da habe er entdeckt: «Ich komponiere, weil es ein Bedürfnis ist, etwas Eigenes zu machen und das prägt meine Arbeit.»

Nachgefragt, ob es denn nicht schon genug Komponist*innen gebe, deren Werke längst zum Repertoire aller grossen Orchester oder Ensemble gehören, hielt Michael Schneider fest: «Es gibt tatsächlich viele gute Komponisten, die mit ihren Werken eine wertvolle Kultur mitgestalten, aber…» Das sei für ihn in seiner Arbeit aber nicht von Bedeutung, denn er komponiere, weil es für ihn ein Bedürfnis sei. Der Prozess etwas Eigenes für sich zu machen, sei die grosse Befriedigung. «Das ist für mich wichtiger. Ob und wie viele Male eine Komposition gespielt wird, ist für mich eher sekundär», betonte er, und fügte gleich noch an: «Davon kann ich auch nicht leben.»

Jedoch nicht aus dieser Überlegung heraus bevorzuge er Auftragskompositionen, bei denen das Thema und die Besetzung vorgegeben sind. Einfach etwas komponieren sei für ihn wie vor einem weissen Blatt Papier zu sitzen. Er bevorzuge die Vorgaben und komponiere so direkt mit dem Bleistift in die Partitur am Schreibtisch und nicht am Flügel oder am Computer. So entstehe ein Werk, das für den Dirigenten und die Musiker*innen in Bezug auf das Thema verständlich und interpretierbar ist. Natürlich können noch Änderungswünsche auftauchen, meinte Michael Schneider, aber die halten sich in vertretbaren Grenzen. Sein aktuelles Auftragswerk «Arc» für Ensemble der Stiftung Künstlerhaus Boswil erfährt anlässlich des Boswiler Sommers 2021 seine Uraufführung.

Jeden Tag eine Minute
Ein Konzert kann man erst geniessen, wenn man auch wirklich bereit ist zuzuhören. So ist es nicht überraschend, dass Michael Schneider sich jetzt als Geschäftsführer des Vereins «Zuhören Schweiz» dafür engagiert, dass man auch im Alltag zuhört. Dazu gehören nicht nur Musik und Gespräche, sondern die vielen Geräusche in unserem Umfeld, hielt er fest. Es seien doch immer eine andere Art von Tönen, wenn man in einen Produktionsbetrieb, in die Bahn, auf die belebte Strasse oder in einen ruhigen Park eintrete. Man sollte einfach bereit sein, diese Töne, die Geschichten erzählen, täglich wahrzunehmen – jeden Tag den Geräuschen bei geschlossenen Augen eine Minute widmen sei Musik für die Seele. Für sich selber brachte er so auf den Punkt: «Wenn ich an meinem Arbeitsort Basel ankomme, dann tönt die Stadt jedes Mal anders, ein wohltuender Arbeitsbeginn.»

Richard Wurz
21. Juni 2021
Bilder: Bettina Leemann

Der Kafi-Tratsch geht jetzt in die Sommerpause. Der nächste Kafi-Tratsch findet am Samstag, 28. August um 10 Uhr im Foyer des Kellertheaters Bremgarten statt. Weitere Informationen unter www.freiamtplus.ch

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