Der Lebensraum Oberes Freiamt hat es in sich – der Ur-Oberfreiämter Rainer Heggli erklärte im Kafi-Tratsch im Kellertheater Bremgarten nachhaltig wirkend warum
Die Grenze zwischen dem oberen und unteren Freiamt wird landläufig aufgrund der Bezirke Muri und Bremgarten gezogen. Dies wird aber nicht überall gleich interpretiert, denn für die Sinserinnen hört das Obere Freiamt nach Sins Richtung Norden auf. Der Merenschwander Gemeindeammann Rainer Heggli hielt diesem Ansinnen unmissverständlich entgegen: «Wir sind auch noch Oberfreiämterinnen.» Das kann Rainer Heggli ohne Wenn und Aber für sich in Anspruch nehmen. Er ist in Benzenschwil, heute zu Merenschwand gehörend, aufgewachsen, in beiden Gemeinden zur Schule gegangen und hat auch da seine berufliche Ausbildung als Gartengestalter absolviert und führt seit rund 20 Jahren sein Unternehmen Heggli Gartenbau in Merenschwand. Als Jugendlicher habe er die Grenze Oberes-Unteres Freiamt nicht bewusst erlebt, denn die Freizeitaktivitäten fanden im Dorf statt und in den Ausgang sei man nach Zug oder Luzern gegangen. Und fügte mit einem Lächeln an, man sei nicht einmal nach Boswil an ein Fest gegangen. «Die Oberfreiämter*innen kannten damals Zug und Luzern besser als Aarau und das ist heute noch so.»
Den Lebensraum mitgestalten
Natürlich habe jeder sein Gärtchen, meinte er verständnisvoll, aber man sollte dazu beitragen, dass sich diese miteinander zu einem Ganzen verbinden. Er habe gelernt gemeinsam aktiv etwas für die Leute zu tun und das soll so für ihn bleiben. «Es ist mir wichtig sowohl in Politik als auch im Beruf den Lebensraum mitzugestalten, so dass es den Menschen wohl ist und sie sich zu Hause fühlen.» Und im Oberen Freiamt seien die Voraussetzungen da, dass man dies auch umsetzen könne. Auf die Frage, ob es kein Zwiespalt sei, als Gartengestalter die Lebensräume mitzugestalten und umzusetzen und als Gemeindeammann die Bauvorschriften und Gesetze durch zu setzen, meinte Rainer Heggli: «Da sind keine Gegensätze und werde erst zum Problem, wenn nicht eine klare Linie eingehalten wird.» Man darf einfach nicht in die Arbeit einbeziehen, dass man als Unternehmer Vorteile aus der Politik ableiten könne – da ist eine klare Trennung wichtig und das sei bis jetzt gut gegangen. Er habe in den acht Jahren als Gemeinderat, verantwortlich für das Bauwesen, wohl Auseinandersetzungen erlebt, aber keine Probleme, solange man bereit war miteinander zu reden. Es sei die Aufgabe des Gemeinderats dafür zu sorgen, dass alles in Ordnung ist, wenn es auch nie immer für alle der richtige Entscheid sei, der gefällt wird. Wenn nicht jeder nur für sich schaue, sondern das Gemeinsame im Vordergrund stehe, dann sei das Obere Freiamt ein Gebiet, das sich noch weiter entwickeln und gleichzeitig den wertvollen Lebensraum erhalten könne.
Rainer Heggli
Wohnen – Arbeit – Freizeit zusammenbringen
Für Rainer Heggli ist das Obere Freiamt mittendrin und hat eigentlich (fast) alles, was es braucht zum Leben und Arbeiten. Die Frage nach dem Wo mittendrin, meinte er lächelnd: «Wir sind zwischen Zug, Zürich, Luzern und Aarau, aber auch zwischen München, Paris, Mailand und Wien – sozusagen im Herzen von Europa.» Natürlich gebe es noch Sachen wie zum Beispiel der öV oder die Grundversorgung in den einzelnen Gemeinden, die zu verbessern seien, merkte aber er an, man sollte nicht auf einem allzu hohen Niveau jammern. Es habe noch Platz zum Wohnen und Arbeiten und gleichzeitig könne man die Landschaft als Erholungsgebiet erhalten. Daher habe man «Oberes Freiamt mittendrin» lanciert. Darauf angesprochen, erklärte Rainer Heggli, man wolle nicht pushen, sondern ein positives Signal aussenden, dass man im Oberen Freiamt leben und arbeiten könne. Auf den Punkt gebracht, meinte Rainer Heggli: «Ich kann einfach aus dem Fenster gucken und sehen, dass es hier lebenswert ist, also warum muss ich weg.» Ja bis auf den Militärdienst in Bremgarten lebe und arbeite er seit mehr als vier Jahrzehnte im Oberen Freiamt. «Ich muss nicht unbedingt woanders gewesen sein. Vielleicht bin ich einfach ein Bünzli, aber es ist mir wohl hier.» Da blieb nur noch die Frage, ob er einen Wunsch an die Unterfreiämter habe. Ganz politisch-diplomatisch meinte er, dass es gut sei, dass das Denken in vielem im Oberfreiamt anders sei als im Unterfreiamt. Man müsse sich nur verstehen und so wäre irgendwann das ganze Freiamt mittendrin.
Richard Wurz
24. Mai 2022
Bilder: Richard Wurz
Der nächste Kafi-Tratsch –5 Jahre Kafi-Tratsch – findet am Samstag, 25. Juni um 10 Uhr im Foyer des Kellertheaters Bremgarten statt. Weitere Informationen unter www.freiamtplus.ch