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Der Bremgarter Kafi-Tratsch bleibt – Anstatt im Foyer des Kellertheaters Bremgarten beim direkten Besuch des Überraschungsgastes in seiner Werkstatt.

Die aktuellen Covid-19-Vorsichtsmassnahmen lassen auch den Kafi-Tratsch im Foyer des Kellertheaters Bremgarten verstummen, aber nicht den Kafi-Tratsch. So nahm sich einer der beiden Gastgeber das Privileg heraus und besuchte den Überraschungsgast direkt in seiner Werkstatt in der ehemaligen Schreinerei Seiler in Bremgarten und versucht hier das Gespräch mit Edgar Kaufmann mit Ihnen zu teilen. Es sei zugegeben, eine etwas besondere Situation, denn die Gäste des Kafi-Tratsch und somit ihr Lächeln und ihre Anmerkungen fehlten.

Der Forschung verfallen
«Die handwerkliche Prägung habe ich im Elternhaus mitbekommen», erzählte Edgar Kaufmann, denn sein Vater besass ein Holzgeschäft. «Es hat mir Spass gemacht, neben der Kanti und später dem Studium aus Holz etwas interessantes, seh- und brauchbares herzustellen», erinnert er sicher gerne. Er betonte allerdings, dass dies ein Hobby neben dem Studium war und hielt mit Bestimmtheit sein damaliges Berufsziel fest. «Also Schreiner wollte ich nie werden, sondern forschen, entdecken und analysieren.» Im weitesten Sinn blieb er dem Holz allerdings treu. Er absolvierte das Studium zum Forstingenieur und so in seiner Werkstatt befindet man sich mitten im Holz.

«Dabei ging es um die Erforschung von Waldentwicklungsmodellen», erklärte Edgar Kaufmann auf verständliche Art. Etwas weiter ausgeholt bedeute dies, dass man Walderhebungen erfasse, wissenschaftlich analysiere und zu einer Form entwickle, damit der Wald als Ganzes verstanden werden könne. Nein, seine Arbeit bestand nicht in Abklärungen vor Ort im Wald mit den Förstern, sondern seine Forschungen gingen direkt ans Bundesamt für Waldwirtschaft und dieses nutzte seine Forschungsarbeit in der Waldbetreuung mit den Verantwortlichen vor Ort.

Im Mittelpunkt stand dabei aber das immer aktueller werdende Thema Klima, so Edgar Kaufmann. Die wissenschaftliche Arbeit untersuchte im Zusammenhang die Auswirkungen des Waldkohlenstoff C02 auf die Klimabilanz als Ganzes, denn der Wald habe diesbezüglich keine zentrale Bedeutung, hielt Edgar Kaufmann fest. Er fügte aber unmissverständlich an: «Man kann nicht einfach Bäume pflanzen und gleichzeitig weiter Auto fahren, das bringt nichts.» Das heisst, dass man den Kohlenschutz in Verbindung mit dem Klima als Ganzes sehen müsse und ihn nicht auf den Wald und seine Pflege reduzieren könne.

…und doch noch Handerker
Nicht nur die Schreinerwerkstatt seines Vaters habe in Bezug auf seine jetzige Tätigkeit Spuren hinterlassen, meinte Edgar Kaufmann, auch die wissenschaftliche Arbeit. «Ich bin und bleibe eher der Forscher als ein Handwerker, denn ich will Neues entdecken.» Das drücke sich dahin aus, dass er Ideen in ihrer Umsetzung gerne ausprobiere, dabei aber alles selber berechne und plane – womit der Zusammenhang zwischen Forscher und Handwerker gegeben ist. Seine Arbeitsstätte hat er in der ehemaligen Schreinerei Seiler gefunden. Im Vordergrund stehen Objekte wie kleine Tische und Stühle oder Holzspielsachen wie ein Riesenrad für seine Enkel, aber auch Verrücktes. Die Spitze des Eifelturms zu Paris hat er nie erreicht, aber diesen im Massstab 1:100 nachgebaut. «Das war eine zweimonatige Intensivarbeit», erinnert er sich. «Der Eifelturm wurde drei Meter hoch und zum Bauen habe ich 300 Meter Metallstücke und 2000 Nieten verarbeitet.»

Angesprochen auf seine Tätigkeit als Wissenschaftler, ob er denn diese nicht vermisse, meinte Edgar Kaufmann mit einem Lächeln: «Das war eine interessante und prägende Zeit in meinem Leben, aber jetzt wollte ich etwas Neues machen.» Er arbeite so rund fünfzehn Stunden wöchentlich in der Werkstatt und hielt mit Überzeugung fest: «Das Leben besteht aus Abschnitten und erst wenn man etwas abgeschlossen hat, kann man etwas Neues beginnen und das habe ich gemacht.» Dem kann man sicher zustimmen, wenn man in seiner Werkstatt sitzt, aufmerksam zuhört und seine Arbeiten betrachtet. Aber irgendwie erinnert einem sein jetziges Werken an seine Studienzeit (Holzarbeit) und an seine Zeit als Wissenschaftler (Forschen und Entdecken). Es ist wie eine bereichernde und breit umfassende Zusammenführung von Wissen und Erfahrung zu einem Ganzen – eben etwas Neuem.

Richard Wurz
30. Januar 2021

Bilder: Richard Wurz und Edgar Kaufmann

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