Der grosse Moment steht an – die Uraufführung der Kompositionen der jungen Komponist*innen des Young Composer Projects (YCP) am Künstlerhaus Boswil.
Als man sich vor zwei Wochen zum letzten Arbeitstag am Künstlerhaus Boswil einfand, war es die erste direkte Begegnung zwischen den jungen Komponist*innen und den Profimusiker*innen, um im Dialog den gemeinsamen Weg einer musikalischen Umsetzung des Erarbeiteten zu finden. Die Uraufführung ihrer Werke wird der Abschluss des halbjährigen Seminars «Young Composer Projects» sein, an dem sie von den fachkompetenten Dozent*innen Roman Digion (Projektleitung), Bettina Skrzypczak, Benjamin Lang, Pierre Funck, Jonas Labhart und Lukas Langlotz durch die vielfältige Welt der Komposition geführt wurden, um bereits Bekanntes verfeinern und Neues entdecken. Die Dozent*innen begleiteten die Teilnehmenden in ihrer Arbeit und motivierten sie die Herausforderung zu komponieren weiter anzunehmen und ihre eigenen Gedanken und Ideen in die Musik einzubringen.
Auf die jungen Komponist*innen und ihre Werke einzugehen und sie musikalisch im Sinn der Komponist*innen umzusetzen sei eine grosse Herausforderung für die Musikerinnen, aber eine Bereicherung gemeinsam mit jungen Menschen Neues zu erarbeiten, meinte Heidy Huwiler im Gespräch. Es entstehe immer ein guter Dialog zwischen den Musikerinnen und den Komponist*innen und man sei stets bereit auf die musikalischen Wünsche einzugehen, aber die Musikerinnen können ihre Anregungen auch einbringen, so Heidy Huwiler. Dieser Dialog sei wichtig, denn so könne die Vielfalt eines Instrumentes im musikalischen Ausdruck mit der Komposition in Einklang gebracht werden. Die musikalische Umsetzung liegt in der Verantwortung von Heidy Huwiler (Klarinett), Junko Rusche (Percussion), Elizaveta Parfentyeva (Klavier), Sarah Kilchenmann (Violine) und Sonja Marjanovic (Violoncello).
Meine «eigene Sprache» entwickelt
Die Komposition habe sie im Juli abgeschlossen und dann noch mit den letzten Feinheiten ergänzt, erklärte Sabrina Schnetzler im Gespräch. «Meine Komposition ist aus einem Gedicht entstanden und soll diese Stimmung vermitteln.» Die Komposition habe den Titel «Gefangenschaft vs. Freiheit» und sei geschrieben für eine Besetzung mit Klavier, Klarinette und Cello. Sie habe ihrer Musik mit Jazzakkkorden und – harmonien und Poesie unterlegt. Rückblickend auf die Kurswochenenden meinte Sabrina Schnetzler, dass sie danach jeweils eine kreative Phase gehabt habe, in der sie viel komponiert, Motive verarbeitet und mit dem Akkordeon experimentiert habe. So habe sie jeweils zwei Wochen wie im Rausch gelebt, bis sie wieder im Alltag angekommen sei. Mit den Inputs aus dem Seminar habe sie aber einen Bogen zur eigenen Komposition schaffen und neben dem Experimentieren mit verschiedenen Stilmitteln ihre «eigene Sprache» entwickeln können. Das habe ihr sehr viel Stabilität und Sicherheit gegeben Neues auszuprobieren, aber auch zu sich selbst zu finden, hielt Sabrina Schnetzler fest. Die unsteten älteren Kompositionen seien für sie ein Übungsfeld gewesen. Nun habe sie aber eine Vorstellung, wie sich ihre Kompositionen entwickeln sollen.
Dem Instrument gerecht werden
Die erste bedeutende musikalische Begegnung habe sich mit acht Jahre gehabt, meinte Amanda Peyer im Gespräch – «ich habe begonnen Alphorn zu spielen». Dann sei das Klavierspiel dazu gekommen. So rückblickend könnte man sagen, dass dies der Beginn des komponieren war, denn sie habe vor allem ihre eigenen Ideen in Töne umgesetzt, aber noch nicht daran gedacht, dies auch aufzuschreiben. Das ihr zusagende Instrument habe sie mit 16 Jahren an der Kanti Olten entdeckt – die Posaune. Neben dem Posaunenspiel habe sie sehr viel über die Vielfalt der Musik gelernt und begonnen, die Ideen auch aufzuschreiben. Und jetzt habe ihr das YCP die gute Gelegenheit geboten, das auch wirklich zu erlernen. Die Referent*innen würden ihr einen grossen Einblick in die verschiedenen Stilrichtungen geben und so könne sie viel in die Umsetzung von Kompositionen einbringen. Ein bedeutender Schritt sei aber, dass sie die Vielfalt anderer Instrumente kennen gelernt habe. «Als Posaunistin ist für mich das Cello oder die Violine in der Komposition fast Neuland.» So sei das Zusammenführen von Posaune und Violine eine grosse Herausforderung gewesen, meinte Amanda Peyer, aber die Profimusikerinnen seien sehr gut auf ihre Komposition eingegangen. Sie spielen wohl anders, als sie sich gedacht haben, aber es sei ihre Komposition geblieben. Das YCP sei für sie eine bereichernde Erfahrung, aber sie hielt bei der ganzen Vielfalt an Instrumenten klar fest: «Die Posaune ist und bleibt mit ihrer Vielseitigkeit das beste Instrument.»
Ideen kommen und gehen
Mit komponieren habe er erst jetzt begonnen, meinte Andris Lerf, denn sein musikalisches Gebiet sei der Gesang und das Arrangieren. So seien seine Kompositionen einfach Ideen, die kommen und gehen. Man probiere sie aus, lasse sie sein, nehme sie wieder hervor und mache weiter. Natürlich feile er an seinen Programmen herum, aber dass jetzt Profis das spielen, was ich komponiere, sei schon sehr speziell und für ihn eine grosse Erfahrung. So sei es im Moment fast wie ein Schock gewesen, als er realisiert habe, dass er mitten in einem Kompositionsprozess stecke und die Profis seine Arbeit ja noch nie gesehen hätten. Da er zum Beispiel die Klangvielfalt einer Violine oder des Klarinetts nicht in allen Facetten kannte, habe er schon Anpassungen vornehmen müssen. Er brachte es soauf den Punkt: «Man muss mit den Profis keine Kompromisse eingehen, denn sie spielen, was ich will. Aber ich muss einiges neu Andenken und klarer im Ausdruck meiner Vorstellungen werden.» Er habe am YCP immer besser erkennen gelernt, was möglich ist und auch sein kann. Man müsse sich aber stets bewusst sein, auf was man sich einlasse.
Richard Wurz
12. September 2022
Bilder: Richard Wurz / zVg
Das Schlusskonzert mit den Kompositionen von Santiago Mascoso, Amalia Nohl, Joëlle Götz, Amanda Peyer, Sabrina Schnetzler, Kilian Sintic, Andris Lerf, Alp Yurtoglu und Tukan Ikan findet am Sonntag, 18. September um 11 Uhr in der Alten Kirche Boswil statt. Zusätzliches Konzert am Dienstag, 20. September 2022 um 18.30 Uhr in der Aula der Kantonsschule Baden. Weitere Informationen unter www.kuenstlerhausboswil.ch