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Der ehemalige Radquer-Sportler Gody Bächler aus Boswil erinnert sich an die Radquerzeit.

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Vor 35 Jahren wurde Radquer in der gesamten Schweiz mit Interesse verfolgt. Die Radquersaison begann immer Ende Sptember mit den kantonalen Meisterschaften. Darauf folgten 30 internationale Querrennen durch den ganzen Winter. Den Saisonabschluss machte jeweils die Weltmeisterschaft der Profis und Amateure die damals noch live am Fernseher übertragen wurde. Dann wurde die Sportart vom Biken immer mehr verdrängt und fristet heute fast ein Schattendasein. Als der Boswiler Gody Bächler vom Erfolg des jungen Freiämter Radsporttalentes Nadia Grod im Radquer erfuhr – sie hatte sich den Titel Juniorenmeisterin bei den Damen geholt –, freute er sich dermassen, dass er beschloss, diese Information an die regionalen Medien weiterzugeben. Schliesslich war es seine Sportart vor etwa 35 Jahren und er verfolgt auch heute noch aktiv die Geschehnisse.
Bescheiden meinte Gody Bächler auf meine Anfrage, ob er mir gestatten würde, ein Portrait über ihn zu schreiben, im Radsport gebe es interessantere Persönlichkeiten und er sei gerne bereit, mir einen Kontakt zu vermitteln. Schliesslich haben wir uns doch getroffen und ich erhielt sympathische, spannende Einblicke in die ungewöhnliche sportliche Karriere eines aussergewöhnlichen Freiämters.

Sponsoren kannte man nicht
Seine Augen leuchten, wenn er von früher erzählt. Das Radfahren sei damals anders gewesen. Im Sommer sei man auf den Strassen gefahren, im Winter auf der Bahn oder dann halt im Dreck. Leider habe Radquer mit den Jahren an Bedeutung verloren, sei ab 1990 praktisch tot gewesen, fast vollständig aus den Medien verschwunden. Den Grund sieht Gody Bächler in der Vermarktung. Das Biken sei wesentlich besser dafür geeignet. Auch sei heute die finanzielle Situation eine andere. Man habe früher keine Sponsoren gehabt, sondern musste sich selber oder mit Hilfe von Vereinen finanzieren.
Vor 35 Jahren habe es neun kantonale Meisterschaften gegeben. Die Klassiker, welche auch heute noch durchgeführt werden, seien Steinmaur und Dagmarsellen. Alle anderen Rennen gebe es schon lange nicht mehr. Gody Bächler erinnert sich an frühere Radquer-Grössen wie Albert Zweifel und Peter Frischknecht, mit denen er gefahren ist. Auch habe er einige Male an einer WM mitgeholfen. Dann habe er jeweils so mitgefiebert, sei so engagiert gewesen, dass er zum Schluss oft nicht einmal wusste, wer gewonnen hatte. Die Veranstaltung in Steinmaur besucht Bächler auch heute noch regelmässig, wo er die ehemaligen Fahrer trifft. Am meisten verändert habe sich die Technik, früher habe man das Velo noch selber flicken können, heute sei das fast nicht mehr möglich, erklärt er schmunzelnd.

Radfahrer beim Militär
Wie er zum Radfahren gekommen sei, wollte ich wissen. «Ich bin auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Boswil aufgewachsen. Als Kinder hatten wir immer Arbeit auf dem Hof. Aber im Fernsehen habe ich die Radfahrer gesehen, damals noch in Schwarz-Weiss.» erinnert sich Gody Bächler. Mit 19.5 Jahren sei er dann als Radfahrer zum Militär gekommen und habe rasch gemerkt, dass er durch seine Kraft erfahrene Radsportler überholen konnte. So sei er als «Spätberufener» zum Sport gekommen. Für eine Karriere sei es zu spät gewesen, aber um unter die ersten 20% zu kommen, habe es gereicht.
Für ihn sei damals der Zeitfaktor die grösste Schwierigkeit gewesen, da er nicht so häufig wie nötig zum Trainieren kam. Nur abends oder am Wochenende sei das möglich gewesen. Es sei zwar nicht gut, nach der Arbeit zu trainieren, aber es sei halt nicht anders gegangen, stellt Gody Bächler sachlich fest. Etwa zehnmal im Sommer sei er ohne Halt über den Klausen gefahren. Dafür sei er morgens um 3 oder 4 Uhr aufgestanden, um Ruhe auf der Strecke zu haben. Aktiv im Radquer war er zwischen 1978 und 84. 1985 hat Gody Bächler geheiratet und eine Familie gegründet. Danach geriet der Sport für ihn in den Hintergrund.

Heimlich trainiert
Von seinen fünf Söhnen engagieren sich vier im Laufsport. Sein Ältester habe ihn 1999 zum Wettkampf animiert. Gody Bächler trainierte heimlich, um den Sohn mit seinen Leistungen zu überraschen. Während zehn Jahren sei er dann regelmässig gelaufen, habe an verschiedenen Wettkämpfen wie Marathons und Waffenläufen teilgenommen, zum Beispiel 2002 anlässlich der WM an der Bieler Expo am Armeemarathon. Auch hier habe er sich also wieder auf die Kraftsportarten konzentriert. 2009 musste sich Gody Bächler einer Rückenoperation unterziehen und den Laufsport aufgeben.

Radquer blieb immer die grosse Leidenschaft
«Das Training für das Laufen lässt sich einfacher in den Tagesablauf integrieren. Eine Stunde täglich ist ausreichend. Es braucht nicht so viele Vorbereitungen. Man zieht die Laufschuhe und bequeme Kleidung an und schon kann es losgehen.» fasst Gody Bächler zusammen. «Für das Velofahren muss man dagegen zwischen 3 und 5 Stunden täglich Zeit investieren, um ganz vorne mitfahren zu können und auch die Vorbereitung ist zeitintensiv.» Trotz seiner Freude für das Laufen spürt man, Gody Bächlers Leidenschaft gilt immer noch dem Radfahren. Es sind wohl Präzision und Ausdauer, die den Unterschied machen. Beim Radquer müsse man auch an der Technik arbeiten, das Velo in schlechtem Gelände zu schultern, zu tragen und schnellstmöglich wieder in die Pedale zu steigen. Das habe er früher in der Küche geübt.
Gefragt nach den Sonnenseiten im Radsport kam die Antwort «Man ist eine Art Familie, der Zusammenhalt untereinander bereitet Freude.» ohne grosses Überlegen. Schattenseiten wollten Gody Bächler nicht so recht einfallen, ausser vielleicht die glücklicherweise selten vorkommende «mangelnde Fairness». Aber das habe die «Familie» schnell in den Griff bekommen, erklärte mein Gegenüber mit einem Augenzwinkern.

Susanne King
22. März 2017
Bild: zVg

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