Liebes Christkind, Du musst mir helfen.
Es ist natürlich schon lange her, als ich in der Küche stand und meiner Mutter zuschauen durfte, als sie die feinen Weihnachtsguetzli kreierte und so backte, dass sie zu einem wahren Genuss wurden. Und natürlich durfte ich da und dort probieren und bekam die ersten Versucherli. So konnte ich jeweils am Weihnachtsabend meinem Vater und meinen Geschwistern, als sie die feinen Guetzli lobten und ich beim Nehmen zu ihrem Erstaunen relativ zurückhaltend war, mit einem spitzbübischen Lächeln erklären: «Ich habe schon alle probiert, denn ich war ja beim Backen mit dabei.» Nur war ich wahrscheinlich mehr damit beschäftigt die Schüsseln auszuschlecken, so dass die viel zitierte Weisheit «learning by doing» zumindest bezogen auf diesen Backprozess keine Gültigkeit hatte und keine kreativen Spuren hinterliess. So musste ich am vergangenen Wochenende meine letzten Bemühungen völlig frustiert begraben, denn ausser einer unordentlichen Küche und ungeniessbaren Guetzli blieb nichts zurück. Liebes Christkind, warum gelingt das ausgerechnet mir nicht, so dass ich jedes Jahr zur Weihnachtszeit nur still hoffen kann, die anderen, die es so gut können, mir mein Unvermögen Guetzli zu backen verzeihen, sich meiner Erinnern und wenigstens ein Probiererli für mich auf die Seite legen. Liebes Christkind, Du wirst sicher das Deine dazu beitragen, dass mein täglicher Blick in den Milchkasten nicht nur die Zeitung erhaschen muss.
Richard Wurz
18. Dezember 2017
Bild: Bettina Leemann