Wir sind zu Gast
Ich habe kürzlich damit aufgehört. Nach einem Jahr musste ich einsehen, dass diese eine Stunde pro Woche Plastik auflesen nicht viel bringt. Ich habe dafür mit gütiger Hilfe einer Sponsorin und eines Zeichners Plakate drucken lassen, die wir in der Gegend aufgehängt haben, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Wenn wir dann unser Kulturzentrum endlich eröffnen können, servieren wir auch kein Einweggeschirr, obwohl der Geschirrspüler ein Vermögen kostet. Ebenso will ich meine Ansichten teilen, das bringt wohl mehr.
Durch meine Aufräumaktion habe ich vieles über uns Menschen gelernt. Ein Plastiksäckli ist gratis. Gratis heisst auch wertlos, deshalb schmeisst man es unbekümmert weg. Ob es direkt oder via Abfalleimer in der Natur landet, spielt eigentlich keine Rolle. Wenn wir es uns leisten können, haben wir auch das Recht, eine Hose (oder einen Schrank voll) oder ein Auto (oder eine Garage voll) oder einen Ferienflug (oder einen Privatjet) zu kaufen. Hier in Westafrika können sich viele Menschen diese Dinge nicht kaufen, ein Plastiksäckli steht aber allen zu! Sei es also ein Plastiksäckli oder ein Auto – wir machen es zu unserem Eigentum und können dann darüber verfügen.
Wir haben quasi mit der Geburt einen Körper ausgeliehen bekommen, der uns Zugang zum Leben auf der Erde verschafft und den wir mit unserem Tod wieder zurück geben. Wir sind auf der Erde zu Gast. Es gehört uns nichts.
Beda Ehrensperger
Musiker, Komponist, Ghana (Afrika)
21. Dezember 2020
Bild: Beda Ehrensperger