... andere Sitten. Dieses Sprichwort gilt auch heute noch, wie ich kürzlich bei meinem Urlaub in Ungarn feststellen musste.
Kürzlich war ich in Ungarn in den Herbstferien und nach zehn Tagen in fremden Landen, bin ich einmal mehr glücklich, dass die Schweiz meine Heimat ist.
Nein, ich gehöre nicht zu den Personen, die am Liebsten zu Hause bleiben und das eigene Heimatland über den grünen Klee loben und hier einfach alles ohne zu hinterfragen toll finden. Und nein, ich gehöre auch nicht zu den Personen, die in einem fremden Land alles schlecht finden und meinen, man müsste alles so wie zu Hause haben. Eigentlich gehöre ich zu jenen Menschen, die sich gerne auf eine fremde Kultur einlassen und neugierig sind, was man alles entdecken kann. Ich probiere auch regelmässig die «regionale» Küche und esse nicht einfach nur Spaghetti oder Schnitzel mit Pommes oder Hamburger. Doch nicht immer wird es den Menschen leicht gemacht, sich in einem fremden Land wohl zu fühlen und nicht immer fühlt man sich besonders willkommen.
Eine solche Erfahrung habe ich mit Ungarn gemacht. Obwohl Ungarn zur europäischen Union gehört, hat es noch nicht den Euro als Zahlungsmittel. Und obwohl Ungarn auf eine lange gemeinsame Geschichte mit dem österreichischen Herrscherhaus Habsburg zurückblicken kann, ist von diesem Charme in jenem Landstrich, wo ich mich aufhielt nicht gerade viel geblieben, obwohl die österreichische Landesgrenze aus ungarischer Sicht nur einen Katzensprung entfernt lag. Sie ahnen es sicher schon, ich war im Gebiet des Balaton, zu Deutsch dem Plattensee. Und dann sind wir schon beim nächsten Punkt. Ungarn blickt auch auf eine nicht so weit zurückliegende Geschichte zurück, als es die Grenze zur westlichen Welt bildete zu Zeiten des Kommunismus. Der «eiserne Vorhang» ging mitten durch dieses Land und für viele Ostdeutsche war der Balaton der Inbegriff von Ferien und manchmal auch die einzige Möglichkeit, um in den Westen zu fliehen. Ob man davon heute noch etwas spürt? Nun, ich kann die Frage nicht wirklich beantworten.
Allerdings ist mir aufgefallen, dass dieses Land nach wie vor sehr arm ist und man nur wenige Leute auf der Strasse sieht. Auch ist mir aufgefallen, dass man als Frau, die alleine mit einem Hund durch Wohnquartiere zum Wald spaziert oder einem Fluss entlang läuft, wie wir das in der Schweiz ganz selbstverständlich tun, misstrauische Blicke erntet. Das gehört sich offenbar nicht. Genauso wenig, dass der Hund ein Familienmitglied ist und mit in die Ferien darf. Taucht man in Ungarn mit einem Hund, der grösser als ein Schosshund ist, in einem Restaurant auf, dann wird man des Lokals verwiesen. Hunde haben keinen Zutritt und müssen draussen im Auto warten. Unerwünscht im eigenen Land sind auch so genannte Zigeuner, die wohl aus anderen Osteuropäischen Ländern nach Ungarn eingereist sind. Dörfer, die stark von Zigeunern bewohnt werden, sind dann allerdings diejenigen Dörfer, in denen man auch am Tag Menschen sieht. Wohl, weil sie mehrheitlich keine Arbeit haben und die Zeit totschlagen müssen. Allerdings engagiert man nur zu gerne rumänische Gastarbeiter, die Handwerksarbeiten auf dem Bau übernehmen. Offenbar sind die eigenen Leute bereits zu teuer oder verdienen «besseres» Geld im nahen Österreich.
Es ist ein überaus weit auseinander driftendes Bild von diesem Land, das ich in diesen zehn Tagen erhalten habe. Wunderbare und weite Landschaften, aber irgendwie führen hier alle ein sehr zurückgezogenes und hinter hohen Gartenzäunen verborgenes Leben, denn das ist noch so etwas das mir aufgefallen ist. Praktisch jedes Grundstück ist mit einem massiven Gartenzaun eingefasst und durch ein massives Gartentor geschützt. Dahinter sorgt meist ein sehr wachsamer Hund dafür, dass man nicht auf die Idee kommt, dem Haus zu nahe zu kommen.
Bettina Leemann
17. Oktober 2019
Bild: Bettina Leemann