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Ein wunderbareres Wort, das mir als Schreibende einen grossen Interpretationsspielraum lässt.


Haben Sie sich schon einmal in einem Blindflug befunden, lieber Leser, liebe Leserin? Und wenn ja, wann war dies wohl das letzte Mal der Fall? Nimmt man den Duden zur Hilfe, dann bedeutet Blindflug rein technisch gesehen, dass es sich um einen Flug ohne Sicht handelt, der nur aufgrund der Bordinstrumente vonstattengeht. Wenn man sich das so rein bildlich überlegt, eine ganz schön anspruchsvolle Sache.
Da verlässt sich der Mensch doch tatsächlich rein auf die technischen Hilfsmittel, die ihn beim Fliegen unterstützen sollen. Da muss man sich sehr sicher sein, dass diese Instrumente im richtigen Moment alle Hindernisse, wie Berge oder andere Flugzeuge rechtzeitig wahrnehmen. Denn selber ist man ja ohne Sicht, kann sich also nicht auf sein menschliches Sehvermögen verlassen. Im Prinzip könnten die Cockpitscheiben zugeklebt sein. Anders gesagt, wenn wir die technischen Instrumente nicht hätten, wäre ein Blindflug überhaupt nicht möglich.
Gehen wir allerdings noch einen Schritt weiter, dann hat so ein Blindflug auch viel mit Vertrauen zu tun. Wir setzen in einem solchen Moment so viel Vertrauen in die Technik, dass sie quasi unseren Instinkt ersetzt oder dessen Aufgabe übernimmt. Und hier könnte man es nun definitiv mit der Angst zu tun bekommen. Kann die Technik ihre Aufgabe besser erfüllen als der Mensch? Bringt uns das selbstfahrende Auto unfallfrei zum Ziel, während wir auf dem Smartphone unser Kontaktnetzwerk pflegen? Eine Diskussion, die im Uferlosen enden würde
Etwas anders ist die übertragene Wortbedeutung von Blindflug. Hier geht es wohl darum, dass man sagen will, dass man ein Projekt in die Hände nimmt, von dem man nicht weiss, wo es enden wird, und zu welchem Ziel es führen wird. Auch hier ist die Voraussetzung, dass man sich selber und seinen eigenen Fähigkeiten und Instinkten vertraut und sich auf sie verlässt. Anders gesagt, höre ich bei einem Blindflug einfach auf meinen Bauch und lasse mich von diesem lenken. Bei einem menschlichen Blindflug ist der Verstand als das Kontrollzentrum in gewisser Hinsicht ausgeschaltet. Und hier liegt dann auch wirklich der Unterschied zum technischen Blindflug, wo das Kontrollzentrum als technisches Hilfsmittel die entscheidenden Aufgaben übernimmt.
Ist das Bauchgefühl ein taugliches Steuerungsinstrument? Sich in einem Blindflug zu befinden, kann überaus reizvoll sein, auch wenn man offen gestanden Mut braucht. Einfach in das Blaue hinaus zu starten und etwas auf die Beine zu stellen, ohne ein mögliches Resultat abschätzen zu können, das erfordert eine ganze Menge Risikobereitschaft. Denn ein Scheitern muss an diesem Punkt ebenfalls einkalkuliert werden. Ein Scheitern ist sogar ziemlich wahrscheinlich, denn aus dem Blindflug kann schnell eine Bruchlandung werden, und dann gilt es den Schaden zu begrenzen. Wenn allerdings der Blindflug in einen Höhenflug übergeht, dann kann man sich wie im Paradies fühlen. Denn dann hat man es geschafft, seine kühnsten Träume Wirklichkeit werden lassen. Und die Träume haben fliegen gelernt. Ein wirklich erhabenes Gefühl, das man doch nur zu gerne einmal erleben möchte.

Bettina Leemann
3. Mai 2017

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