Das Buch und seine Folgen
Es war nicht so, dass mein Kinderzimmer voll von Büchern belegt war und in der guten Stube gab es gerade einige Romane, die mein Vater von irgendeinem christlichen Verlag im Abonnement zugestellt bekam. Ob er sie tatsächlich gelesen hat, ist mir unbekannt und wenn nein, dann hatte er schlichtweg einfach keine Zeit zum Lesen. Meinerseits las ich unter der Bettdecke mit Taschenlampe die damals aus Sicht der Pfarreibibliothek nicht zu empfehlenden Karl May Bücher.
Sie erahnen es, die ersten Folgen des Lesens eines Buches waren gegeben. Allerdings nicht nachhaltig wirkend, wie es sich vielleicht mein Vater und mein erzieherisches Umfeld in Schule und Kirche gedacht hatten. Ich blieb beim Lesen und fand einen wertvolleren Zugang zur Sprache in ihrer Vielfalt als damals in der Schule.
Nun habe ich fast den Faden verloren, dachte ich doch über die Folgen des Buches nach. Ausgelöst haben dies die vergangenen Monate, wurde ich noch mehr als schon seit Jahren überschwemmt mit dringend zu lesenden Ratgeber-Bücher – alle so ganz dem Motto folgend: «Alle Wünsche erfüllen sich, wenn man es richtig macht». Da dachte ich wieder einmal über die Folgen des Buches nach. Würde ich all diese wohlwollend erteilten Ratschläge befolgen, wäre dies schlechthin mein finanzieller Totalruin und gesünder respektive besser fühlen würde ich mich auch nicht. So durchstöbere ich einmal mehr meine Bücherauswahl zu Hause, gehe in die Bibliothek und freue mich, wenn ich wieder ein Buch kaufen kann oder geschenkt bekomme.
Damit meine ich Bücher, die mir nichts mehr nehmen als meine Zeit – und die nehme ich mir gerne, ich habe sie ja.
Richard Wurz
22. Dezember 2020
Bild: Richard Wurz