5. Dezember ‒ Advent, Advent, mir brennt ein Lichtlein durch
Als ich Kind war, führten meine Eltern eine Papeterie und Geschenkboutique. In der Vorweihnachtszeit mussten sie die Hälfte ihres Jahresumsatzes erwirtschaften, sonst geriet das Geschäft in Schieflage. Ich Knirps fragte mich natürlich, warum die Eltern das ganze Jahr über so viele Stunden im Laden standen. Wäre es nicht vernünftiger gewesen, den Laden nur von Oktober bis Dezember zu öffnen?
Die Weihnachtsmarktunternehmen haben das längst begriffen. So schleppen sie wieder Bretter und Kabel an und bauen Fonduechalets, Eisfelder, Glühweinbuden, Glitzerbäume und Verstärkeranlagen auf. Auch wir Konsumierenden stehen in der Pflicht zu liefern. Nicht weniger als die Hälfte unseres Jahresumsatzes an Liebe, Wärme, Gelassenheit, Ruhe, Nachdenklichkeit, Freundschaft, Familiensinn, Besinnlichkeit. Sie ahnen es schon, ich mag den Advent nicht, und das ist noch höflich ausgedrückt. Dabei habe ich den idealen Weg gefunden, um dem absurden Rummel auszuweichen. Schon im Sommer beginne ich eine Liste mit Geschenken und bestelle alles im Oktober online. Smart und effizient erledige ich so mit ein paar Klicks meinen Jahresumsatz an Geschenken. Ha!
Natürlich kenne ich den Einwand, ich Miesepeter hätte das Ganze falsch verstanden. Der tiefere Sinn des Advents liege in der Vorfreude der Christenheit auf den Erlöser. Oh, heiliges Bimbamborium! Glauben Sie mir, auch die Kirche muss die Hälfte ihrer Ernte im Advent einfahren. Zu diesem Zweck hat sie ihn ja erfunden.
Warum sitze ich Schlaumeier also hier und schreibe einen Beitrag zum Advent? Auf diese Frage fällt mir nur der Lieblingskraftausdruck meines Grossvaters selig ein: Himmel, Arsch und Zwirn!
Simon Ledermann
Regisseur, Zürich
5. Dezember 2019
Bild: Tres Camenzind