Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos ‒ aber Abstand genügt nicht, es braucht Anstand, Respekt und Verstand.
Es sind nicht die Massnahmen und Regeln über das Verhalten im Alltag, die der Bundesrat erlassen hat, entscheidend, sondern das Verhalten der Bevölkerung. Und da gehen die Ansichten zum Teil weit auseinander, aber nicht überraschend, die Kantone und Regionen gehen ja mit dem Beispiel voran und erlassen eigenmächtig eigene Regelungen ‒ und ein Teil der Bevölkerung fühlt sich zuständig den anderen Vorschriften zu machen, während wieder ein anderer Teil sich einen Deut um die Regeln schert.
Der Bundesrat hat Mut gezeigt und gleichzeitig auch Zuversicht gegeben, dass man gemeinsam unter Berücksichtigung der Massnahmen das gesellschaftliche Leben, wohl sehr eingeschränkt, weiter pflegen kann. Wer sich aber um die Vorschriften und Empfehlungen foutiert, handelt verantwortungslos und asozial. Mit seinen beschlossenen Einschränkungen bewegt sich der Bundesrat hart an einem Ausgehverbot, lässt aber noch genügend Raum den Alltag unter Einhaltung der Regeln selber zu gestalten. Allerdings darf man somit von der Bevölkerung erwarten, dass sie mit diesem Freiraum auch mit Eigenverantwortung umgeht.
Ein wertvoller Beitrag zum Gemeinsam im Allein sein ist die Solidarität, der Respekt gegenüber dem anderen Menschen und das Erkennen, dass das Risiko nicht auf einzelne Altersgruppen abgeschoben werden kann. Es ist eine gelebte Solidarität der unzähligen Freiwilligen, die bereit sind für jene Menschen, die zu Hause bleiben müssen, den Einkauf übernehmen. Die gefüllte Einkaufstasche einfach so vor der Tür zu finden, ist befreiend von einer Last ‒ ein Klingeln und Guten Tag hören, ist ein glücklicher Moment. So müssen die älteren Menschen nicht mehr zum Grossverteiler pilgern und sich unnötigen Risiken aussetzen, aber bei Beachtung der Regeln kann und soll er doch seinen täglichen Spaziergang geniessen. Es ist «ein Sehen und Gesehen werden», ein Moment, den das Telefon, das Handy und das Internet nicht ersetzen können.
Es mag auf den ersten Augenblick vermessen sein, mehr Gelassenheit zu fordern. Aber mit Verlaub, liebe LeserInnen, der Coronavirus ist da, die Wirtschaft ist in Not und Regeln müssen wir auch noch einhalten. Das alles können wir nicht einfach ändern, aber damit konstruktiv umgehen und dazu braucht es eine gewisse Gelassenheit. Das würde auch dazu beitragen, dass nicht noch restriktivere Massnahmen verordnet werden müssen ‒ das Ausgehverbot.
Richard Wurz
25. März 2020
Bild: Richard Wurz