Die turbulenten Zeiten sind vorbei, nun folgt die Fastenzeit, wie auch immer sie verstanden und ausgelegt wird.
So ein bisschen frei interpretiert kann man das Fasten auf den Nenner reduzieren, einfach auf etwas verzichten, also sich von Dingen und Zwängen befreien und neue Freiräume schaffen. Einfach gesagt, doch hier beginnt die Krux von komplizierten und unangenehmen Herausforderungen, während gleichzeitig die niedergeschriebenen Forderungen zum Teil einfach einzuhalten sind. Im Vordergrund auf der Forderungsliste steht ja der Verzicht auf Konsumgüter wie Fleisch, Alkohol, Rauchen und andere Genüsse, welche auch immer. Und hier beginnen die Schwierigkeiten die Fastenzeit einzuhalten. Die Frage sei doch erlaubt: Was macht ein nichtrauchender, kein Alkohol trinkender Vegetarier? Ein bisschen hilfreich sind die konkreten Richtlinien der katholischen Kirche, aufgrund derer nur die Katholiken zwischen dem 21. Und 60. Lebensjahr zum Fasten angehalten sind. Für jene Fastenden, die einfach eine genussvolle Pause brauchen, ist es hilfreich zu wissen, dass zur 40-tägigen Fastenzeit die Sonntage nicht dazu gezählt werden ‒ es lebe der Sonntagsschmaus. Es sei aber auch wohltuend erwähnt, dass jene Menschen von der Fastenzeit befreit sind, die diese aufgrund von Armut, Körperschwäche und sonstigen Anstrengungen nicht einhalten können. Mit Verlaub, diese Erleichterung ist für diese Menschen nicht nötig, denn sie üben während des ganzen Jahres Fastenzeit.
Betrachtet man den Grundgedanken der Fastenzeit ‒ sich von Dingen und Zwängen zu befreien ‒ aus dem alltäglichen Blickwinkel, dann gäbe es sicher gute Ansätze zum Fasten. Vom Smartphone und Internet sei für einmal hier nicht die Rede, denn das ist einerseits schwierig und andererseits zu einfach. Dafür schlägt man gleich zwei Fliegen auf einen Streich, wenn man die Fastenzeit als Diätwochen einzieht ‒ das sogenannt schlechte Gewissen wird beruhigt und das Körpergewicht kommt ein bisschen ins Lot. Man könnte auch anstatt mit dem Auto zu Fuss ins Fitnesscenter gehen oder ganz auf das sich zur Schau stellen verzichten und einfach einen Erholungsspaziergang durch den Wald machen. Aus politischer Sicht könnten sich die PolitikerInnen viel Energie einsparen, wenn sie sich von den Zwängen befreien würden Versprechen zu äussern, von denen sie wissen, dass sie sie nicht einhalten können.
Die Fastenzeit will ja eigentlich nicht mehr als daran erinnern, dass man durchaus auf «Das immer etwas mehr zu Haben» verzichten könnte. Ein edler Gedanke, nur zeigt es sich, dass dieser im besten Fall für 40 Tage ein bisschen ernst genommen wird, eine bleibende Wirkung hat es nicht.
Richard Wurz
25. Februar 2020
Bild: zVg