Aber es braucht einmal mehr einen Gerichtsentscheid, damit wieder einmal darüber nachgedacht wird.
Eine Sachbearbeiterin im Bundesamt für Informatik (BIT) wurde ernsthaft krank, als sie in ein Grossraumbüro versetzt wurde. Anstatt Lösungen zu suchen, wurde ihr gekündigt, sie klagte und das Bundesverwaltungsgericht gab ihr nun Recht und der Bund muss eine Entschädigung von einem halben Jahr nachzahlen, da die Kündigung unbegründet gewesen sei. Soviel in Kürze zu einer Geschichte in Bundesbern, als ob da konstruktiv vorwärts denken bundesamtlich untersagt ist. Beim Entscheid des BIT wurde nicht einmal die Möglichkeit von Homeoffice in Erwägung gezogen und in der Praxis probiert. Nun wären wir also eigentlich beim Thema angelangt: Nutzen wir die heutigen technischen Möglichkeiten zugunsten des gesamten Betriebs und somit auch zugunsten der Mitarbeitenden oder weichen wir aus Bequemlichkeit dem Vorwärts aus, um ja am Alten festhalten zu können, keine Veränderungen bewältigen zu müssen und die totale Kontrolle behalten zu können.
Es sei daran erinnert, dass Hommeoffice keine Erfindung aufgrund der heutigen technologischen Möglichkeiten ist, sondern eine jahrzehntelange Tradition hat mit all seinen negativen Begleiterscheinungen. In früheren Zeiten hiess dies Heimarbeit und die HeimarbeiterInnen wurden von der damals aufblühenden Industrie schamlos ausgenützt. Das war für die Industriellen auch ein leichtes Ding, denn die Familie waren schlichtweg auf das bescheidene Einkommen durch die Heimarbeit angewiesen, um überleben zu können. Inzwischen ist die Heimarbeit ‒ sprich Homeoffice ‒ meistens besser geregelt, wenn auch die Wirtschaftsverantwortlichen längst herausgefunden haben, wie man die heutigen HeimarbeiterInnen auf optimalste Weise einsetzen, um nicht zu sagen ausnützen kann. Die Digitalisierung hat es möglich gemacht, dass frau und mann unabhängig der Tages- und Nachtzeit erreichbar sind, selbst über das Wochenende und in den Ferien. Es erinnert fast an die einstigen Zeiten, denn viele der heutigen HeimarbeiterInnen sind aufgrund ihrer persönlichen und familiären Situation auf Homeoffice als Einkommensmöglichkeit angewiesen. Es sind Menschen, die nicht darauf angewiesen sind, dem Chef jeden Tag zu begegnen, um optimale Leistungen zu erbringen, denn sie verstehen es den Arbeitsalltag selbstständig zu strukturieren. Nur sollte dem seitens der Arbeit- und Auftraggeber mehr Anerkennung gezollt werden, denn letztlich profitiert vor allem auch das Unternehmen davon. Allerdings bedarf es dazu klare Abmachungen zwischen ArbeitgeberInnen und HeimarbeiterInnen.
Also sollte man eigentlich Homeoffice ‒ sprich Heimarbeit ‒ fördern, denn allein die Zeit für die zum Teil mühsamen Arbeitswege könnte effizienter und wirkungsvoller eingesetzt werden. Nein bitte keinen Aufschrei, es gibt unzählig viele gut funktionierende Beispiele des digitalisierten Homeoffice. Wenn ich nun aber folgendes Zitat «…aber nach meiner Erfahrung sind die Leute zu Hause weniger produktiv» zur Kenntnis nehmen muss, dann kommen mir erneut Zweifel. Dies sagte Unternehmer und Nationalrat Marc Dobler (FDP) gegenüber dem «TagesAnzeiger». Gerne hoffe ich, dass dies nicht eine repräsentative Aussage ist, aber es scheint, dass man die Heimarbeit nicht wirklich auf eine gute und wirkungsvolle Schiene bringen will.
Richard Wurz
27. Januar 2018
Bild: Richard Wurz