Wann ist Kunst eigentlicht wirklich Kunst? Haben Sie sich das auch schon einmal gefragt, werteR LeserIn?
Was macht die Kunst zu Kunst und wer bestimmt eigentlich wo Kunst anfängt und wo sie aufhört. Eine schwierige Frage, die sich eigentlich kaum beantworten lässt. Wenn man von der Definition des Dudens ausgeht, dann ist Kunst das schöpferische Gestalten aus den verschiedensten Materialien oder mit den Mitteln der Sprache, der Töne in Auseinandersetzung mit Natur und Welt. Doch in unserem einfachen Alltag wird Kunst als Begriff häufig für das bildnerische Gestalten gebraucht. Diese Welt hat sich den Begriff längst für sich vereinnahmt und versucht, dies auch mit allen Mitteln durchzusetzen. Das geht mitunter soweit, dass ein KünstlerIn sich über seinen Marktwert in der Wirtschaft definiert. Das bedeutet, dass es ein Kunstschaffender erst dann zu etwas gebracht hat, wenn er sein Talent auch monitär umsetzen und sich und seine Werke auch tatsächlich zu einem gewissen Preis verkaufen kann. Dies führt soweit, dass die KünstlerInnen erst dann etwas wert sind, wenn sie ihre Werke auch zu einem vernünftigen Preis verkaufen können. Vorher ist er oder sie ein Möchtegern, eine gescheiterte Existenz. Die Gesellschaft ist in dieser Beziehung furchtbar hart und kennt keinerlei Erbarmen. Auch heute noch gilt, wer im kreativen Bereich seine Berufung hat, gilt oftmals als Taugenichts, als jemand, der nichts richtiges gelernt hat.
Doch zurück zu der anfänglichen Defintion von Kunst. Wenn man diese Definition genauer betrachtet, dann merkt man rasch, dass damit nicht einfach «nur» das bildnerische Gestalten gemeint ist, sondern es noch viel weiter geht. EinE KünstlerIn kann auch jemand sein, der wunderbar mit Worten umgehen kann, oder jemand, der Töne auf eine einzigartige Art und Weise beherrscht. Doch wo hat dieses Potential bei uns in unserer Welt überhaupt Platz? Wo kriegen die Kinder von heute die Möglichkeit sich in einem dieser Bereiche nach Herzenslust auszutoben? In der Schule mag nun der eine oder andere wohl sagen und da muss ich Ihnen antworten, wann waren Sie das letzte Mal in einem Klassenzimmer. Der einzige musische Bereich, der in den heutigen Schulen gefördert wird, ist der Sport. Bewegung, so hört man überall, ist wichtig, um die beiden Gehirnhälften miteinander zu verbinden, um Synapsen auszubilden. Dass man dasselbe auch beim Malen, Zeichnen, kreativen Schreiben oder beim Musik machen ebenfalls erleben würde, wird dabei geflissentlich ausgeblendet. Längst sind unsere Lehrkräfte oftmals nicht mehr in der Lage, ausser vielleicht im sportlichen Bereich, den Kindern von heute etwas zu bieten. Musik, Theater, Malen stehen ganz weit unten auf der Prioritätenliste und doch täten sie allen Kindern so wahnsinnig gut, würde ihnen Horizonte öffnen und Flügel verleihen. Aber Musikunterricht muss teuer von den Eltern an der Musikschule bezahlt werden. Theater wird schon lange nicht mehr gespielt, denn ein Theaterstück auf die Bühne zu bringen ist zu aufwendig, zu wenig Lernstoff nach Lernplan wird da vermittelt. Malen und Zeichnen, das können die Kinder doch bitte zu Hause lernen, denn schliesslich geht es häufig um naturalistische Darstellungen und nicht um das Experiementieren und Ausprobieren oder gar Mischen von Farben. Und die Welt wird mit jeder Generation etwas ärmer und blasser, denn wer nur Lernstoff in seinen Kopf verfrachtet, der verpasst es, seine Seele zu pflegen, seine Seele zum Atmen zu bringen. Wer Kunst schafft, der gibt nämlich seiner eigenen Seele Flügel und lässt ihr Raum. Hat einen Ort, wo er ganz sich selbst sein und schöpferisch etwas schaffen kann. Das ist nach meiner Meinung Kunst. Wer es schafft mit was auch immer, sei es bildnerisch, mit Worten oder Tönen etwas ganz eigentständiges aus sich heraus zu schaffen, der ist KuntschaffendeR und das misst sich nicht am Preis seines Werkes, sondern an der Originaltät desselben.
Bettina Leemann
29. August 2018
Bild: Bettina Leemann