Lässt man die weltweite Fischereipolitik ausser acht, dann ist so ein gut zubereitetes Fischessen schon was Spezielles ‒ finden Sie nicht auch?
Nein, ein so begnadeter Koch bin ich nicht, aber für die privaten Bedürfnisse reichen die Kochkünste durchaus. Und nein, ich veranstalte jetzt keinen Reklamefeldzug für eine Fischzucht, obwohl ich eine solche sozusagen vor der Haustüre habe und eigentlich, bis auf einzelne Meeresfrüchte, den einheimischen Fischen gegenüber jenen aus allen möglichen fernen Ländern den Vorzug gebe. Die Auswahl ist zwar ein bisschen kleiner, dafür muss ich mir nicht noch beim Essen Gedanken über das weltweite Fischereiwesen machen. Dieses hat ja längst aus wirtschaftlichen Überlegungen rücksichtslos die Gewässer missbraucht und der Umwelt Schaden zugefügt. Da werden Millionen von Fischen aus den Meeren gezogen, damit Mensch sie kaufen, verzehren und das, was übrig bleibt, einfach wegwerfen kann.
Mit Verlaub möchte ich jetzt nicht über diese Misswirtschaft eine Diskussion auslösen, denn dazu fehlen mir die Fakten im Einzelnen darauf einzugehen. Aber die Fische haben die Erinnerung an eine heiss geführte Diskussion aufgeweckt, die ihren Ursprung nicht in der Umwelt hat, sondern im gesellschaft-politischen zu finden ist ‒ in der gern zitierten Moral und im Sittenzerfall. Da wurde über Monate hinweg diskutiert, ob es denn der Welt der Kunstschaffenden zugestanden werden darf, dass sie nackte Menschen in den verschiedensten Posen einfach auf einer Leinwand festhalten dürfen und diese Bilder dann auch noch in einem Museum ausgestellt werden. Es mussten sogar Bilder abgehängt und Schriften an öffentlichen Bauten entfernt werden, so schädlich sind sie für das Wohlbefinden der Gesellschaft.
Nun aber schnell wieder zurück zum Fisch, denn bekannte SchauspielerInnen haben ihre Hüllen fallen lassen, um auf den Raubbau in den Gewässern aufmerksam zu machen. Die Bilderserie von fishlove sind von hochstehender Qualität, ob sie aber etwas verändern vermögen, ist ungewiss. Das ist für mich auch nicht die Frage, die mich bewegt. Es würde mich interessieren, ob denn all diese Moralapostel, männlichem und weiblichem Urgsprungs, konsequenterweise jetzt jedes Fischessen ablehnen, wie einen Museumsbesuch?
Richard Wurz
16. Oktober 2018
Bild: zVg