Winterpoesie
Der Winter hat eine ganz eigene Poesie, die nicht immer einfach zu entdecken ist.
Endlich sind sie da die richtig kalten Nächte, welche den Boden gefrieren und die Natur zur Ruhe kommen lassen. Lange mussten wir warten. Schnee haben wir in dieser Adventszeit auch noch keinen gesehen und doch konnte man in den letzten Tagen, die so richtig schön kalt waren, auf den Spaziergängen den Winter hautnah entdecken. Der Winter hat nämlich seine ganz eigene Poesie und treibt wunderbare Blüten. Nein, ich denke nicht an den legendären Barbarazweig, den man hätte in die warme Stube nehmen müssen, damit er pünktlich bis zum Heiligen Abend blüht. Ich denke auch nicht an Blüten im eigentlichen Sinne, sondern an das Phänomen von Haareis, manchmal auch Eiswolle genannt. Diese filigranen Gebilde lassen sich aktuell mit etwas Glück auf Tot-Holz entdecken. Diese winterlichen «Blüten» sind nicht nur wunderbar anzusehen, sie sind auch sehr vergänglich, denn trifft ein Sonnenstrahl auf das Eis, schmilzt es. Auch steht Haareis nicht im direkten Zusammenhang mit Rauhreifen. Vielmehr wird durch das Wachstums eines winteraktiven Pilzes im Inneren des Holzes, Wasser nach Aussen gedrängt. Ist es nun ausreichend kalt, dann gefriert dieses Wasser in äusserst feinen Eisnadeln und ist einfach nur wunderbar anzusehen. Lassen Sie doch bei Ihrem nächsten Spaziergang durch den kalten Winterwald ihren Blick schweifen. Geniessen Sie die Ruhe und vielleicht entdecken auch Sie mit etwas Glück ein Tot-Holz aus dem Haareis wächst.
Bettina Leemann
14. Dezember 2018
Bild: Bettina Leemann