Es steht mir nicht zu diese Frage zu stellen, aber ich wage es trotzdem:
Waren oder sind Sie noch oder werden Sie schon wieder in die Ferien gehen? Und gleich noch angefügt: Wo verbringen Sie denn Ihre Ferien ‒ in fernen Landen, in der Schweiz, zu Fuss, mit Auto oder Flugzeug oder gar mit dem Fahrrad? Natürlich bin ich neugierig und so ein Ferien-Erinnerungs-Klatsch-Tratsch wäre sicher belebend. Es ist mir bewusst, dass die arbeitende Bevölkerung nur gerade vier bis fünf Wochen Ferien in Anspruch nehmen kann und eine Reise, wohin auch immer, auch mit der wirtschaftlichen Situation zu tun hat. Dies im Gegensatz zu den Rentnerinnen und Rentnern, die eigentlich über das ganze Jahr hinweg Ferien haben. Und rein materiell gesehen profitieren sie ja von der AHV, der 2.,... 5. und 6. Säule und dem Vermögen, das sie sich in den vergangenen Arbeits-Jahrzehnten anlegen konnten. So ist es auch verständlich, dass man ein bisschen neidisch auf diese immer noch älter werdenden Menschen ist. Im Speziellen auf jene Frauen und Männer, die es sich irgendwo an einem wunderschönen Ort einfach erlauben, das Leben zu geniessen und so vom Staat letztlich profitieren.
Dabei geht gerne vergessen, wie hart dieser von vielen als paradiesisch bezeichnete Lebensabschnitt sein kann. Nein, es ist nicht mangelnde Teilnahmemöglichkeiten am gesellschaftlichen und kulturellen Geschehen, sondern der nackte Alltag, der einem einholt. Alleine schon das morgendliche Aufstehen geht nicht mehr so locker wie einst und dann der unvermeidbare Blick in den Spiegel, von dem Prozedere unter der Dusche sei gar nicht gesprochen. Da werden die Falten sichtbar und ja, die Figur hatte auch schon ein sportlicheres Aussehen. Man versucht das alles zu kaschieren und liest keine Artikel mehr über mögliche Schönheitskorrekturen, welche unzählige Menschen vornehmen lassen, koste es was wolle. Stattdessen holt man seine Selbstsicherheit hervor und geht selbstbewusst durch die noch möglichst lange bevorstehenden Lebensjahre.
Allerdings so einfach ist es nicht, wenn man sich anhören muss, die Alten hätten früher daran denken müssen, dass sie nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit selber dafür verantwortlich sind ihren Lebensunterhalt zum grössten Teil selber zu finanzieren. Es war doch nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, dass sie während rund 40 Jahren aktiv zum sozialen und wirtschaftlichen Leben beitrugen. Nun sollen sie aber bitte nicht die jüngere Generation und die Wirtschaft mit finanziellen Forderungen belasten. Das steht ihnen schlichtweg nicht zu. Nimmt man das Jammern auf höchsten Niveau seitens der Politik und Wirtschaft zur Kenntnis, dann ist es eine Anmassung den Anspruch zu haben, in Ruhe und finanzieller Sicherheit ein bisschen älter zu werden. Nein, das stimmt natürlich so nicht, denn man tue alles, was nur möglich ist, damit auch die älteren Leute ein menschenwürdiges Leben führen können, halten die PolitikerInnen und WirtschaftsführerInnen fest. Allerdings fällt es einem schwer einem Teil von ihnen Glauben zu schenken, denn dieser will möglichst wenig tun, dafür umso mehr einfach lassen.
Richard Wurz
6. September 2017
Bild: Richard Wurz