Das mit der Zeit ist so eine Sache. Die einen wissen nicht was damit anzufangen und den anderen läuft sie dauernd davon.
Kürzlich war in der Zeitung zu lesen, dass Backofen-, Mikrowellen-, und Radioweckeruhren für ein ganz schönes Durcheinander in vielen Haushalten der Schweiz geführt haben. Grund dafür war, dass diese sonst verlässlichen Uhren plötzlich ein Eigenleben entwickelt hatten und rund sechs Minuten nachgingen. Dies scheint für ein mittleres Chaos gesorgt zu haben, denn offenbar gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die sich auf diese Uhren verlassen und schliesslich Frühmorgens aufgrund dieser zeitlichen Ungenauigkeit den Zug oder den Bus verpassten. Sehr ärgerlich, denn wer kommt am Morgen schon gerne zu spät zur Arbeit oder in die Schule. Nicht gerade wohltuend ist das Gefühl auch, wenn man bedenkt, dass man so bereits in den frühen Morgenstunden sechs Minuten Zeit verloren hat, die man über den Tag hinweg nie wieder aufholen wird. Gerade diese sechs Minuten können einem den ganzen Tag vermiesen, denn bei ganz vielen Leuten ist der Tag praktisch auf jede Minute durch getaktet, dass eine solche Unregelmässigkeit nicht mehr wieder auf zu holen ist. Schuld an der Verspätung war übrigens, dass die nächtliche Stromfrequenz im europäischen Stromnetz über einen längeren Zeitraum unter 50 Hertz sank und dabei die elektronischen Uhren, die ihren Takt eben von dieser Frequenz beziehen immer weiter hhinterher gingen. Die europäischen Netzbetreiber wollten allerdings ihr Image im März wieder aufbessern und haben jeweils in der Nacht die Frequenz erhöht. Dies hatte zur Folge, dass der Zeitrückstand bis auf rund 20 Sekunden wieder aufgeholt war. Wer nun allerdings im Rahmen der Zeitumstellung seine Uhr korrigierte, der erlebte danach eine weitere Überraschung. Aufgrund der Manipulation durch die BesitzerInnen der Uhren und der höheren Frequenz durch die Netzbetreiber, gingen nun die Uhren plötzlich vor. Das würde bedeuten, dass die Uhren rein theoretisch uns die Zeit wieder geschenkt hätten, die sie uns zuvor geklaut hatten.
Doch was stellt man nun sinnvollerweise mit diesem Zeitgeschenk an? Wie setzt man die gewonnene Zeit richtig ein? Eine Frage, die nur schwierig zu beantworten ist, denn über verlorene Zeit und verpasste Gelegenheiten, wissen wir Menschen vortrefflich zu jammern, was wir aber mit der Zeit, die uns überraschend geschenkt wird sinnvoll anfangen, das stellt uns manchmal vor die viel grösseren Herausforderungen. Manchmal sollte man sich doch einfach freuen können über ein paar Minuten Ruhe und Gelassenheit, in denen wird nicht hinter dem nächsten Termin und der nächsten Pflicht her hecheln.
Bettina Leemann
16. April 2018
Bild: Bettina Leemann