Die Männer sagten Ja zum Frauenstimmrecht vor 46 Jahren, aber in vielem blieb es bei diesem Bekenntnis.
Der Film „Die göttliche Ordnung“ geht auf die Thematik der damaligen Zeitspanne ein, als in der Schweiz über das Frauenstimm- und Wahlrecht lamentiert wurde. Im Film selbst kommen die Männer bis auf einige ihnen angelastete Clichés recht gut weg. Es suggeriert schon fast, als ob Männer anno dazumal sich nicht auch für ein Ja eingesetzt hätten. Die Männer brauchen aber keinen Film, der eine Rückblende auf ihr Tun und Verhalten in Bezug auf die damalige Abstimmung in welcher Form auch immer beleuchtet, denn sie können sich auf ewig auf die Schulter klopfen. Rund zwei Drittel der Männer sagten damals Ja zum Frauenstimmrecht. Und eigentlich können sie stolz auf ihren Entscheid sein, mit dem sie einen Markstein in der Schweizer Politik setzten.
Bei meinem Filmbesuch stellte man mir die Frage, was hat sich den geändert seit damals. Ich war zuerst irritiert ob der Frage und dann für einen Moment sprachlos. Aber dann holte ich zum männlichen Rundumschlag aus und erinnerte daran, dass die Frauen grundsätzlich besser gestellt und anerkannt seien. Ausserdem würden sie namhafte führende Positionen in der Legislativen, Exekutiven und Wirtschaft besetzen. Und sie würden durchaus an der Machtverteilung und –ausübung aktiv teilnehmen. Jedes weitere „Ja, aber“ konnte ich gekonnt umschiffen und ging letztlich heimwärts mit der Frage, hat jetzt der Film oder die Frage Spuren hinterlassen.
Der Film hat Erinnerungen geweckt, die Frage hingegen liess mich nicht los. Nein, es ist nicht alles beim Alten geblieben – und Ja, es hat sich vieles verändert in den letzten vier Jahrzehnten. Vieles ist aber auch noch in den Köpfen der Männer geblieben und sie haben es teilweise verstanden ihr Denken auf einen Teil der jüngeren Generation und der längst stimmberechtigten Frauen zu übertragen. Mit Verlaub darf man sich fragen, was nützt das Frauenstimmrecht, wenn unter anderem die Gleichstellung der Frau in Lohnfragen noch weit hinterher hinkt, alleinerziehende Mütter keine ihrer Situation angepassten Stelle finden können und für den Mann, Familie und Kinder vor der Eigenständigkeit und beruflichen Entwicklung der Frau unabdingbaren Vorrang hat. Und es sind mehrheitlich die Männer der Wirtschaft, die es mit allen Mitteln zu verhindern wissen, für Männer Teilzeitstellen zu schaffen, damit die willigen Väter sich an der Familienarbeit partizipieren können. Dafür spricht man von Frauenquoten, lässt vor allem die Frauen Freiwilligenarbeit leisten und für den Alltag in der Familie bleibt weiterhin Frau verantwortlich.
Das Ja zum Frauenstimmrecht war doch auch ein Ja zur Partnerschaft Frau-Mann, habe ich zumindest allen Ernstes geglaubt. Da habe ich mich wohl getäuscht, denn verblieben ist das alte Denken, nur ein bisschen werbewirksamer eingepackt, jedoch wie gehabt vielfach ohne wirksamen Inhalt.
Richard Wurz
26. April 2017