Die Agenda ist sicher schon angereichert mit Terminen, dabei sollten aber die «Tage des …» nicht vergessen gehen.
Genau genommen ist es kaum noch möglich einer geregelten Arbeit nachzugehen oder pflichtbewusst Haus und Hof in Ordnung zu halten, berücksichtigt man alle sicher berechtigten «Tage des …». Wenn die Menschen sonst nicht gerade vor Fantasie sprühen, aber in Bezug aus irgendeinem Zusammenhang heraus einen Tag sozusagen als Gedenktag zu bestimmen, hat sich die Gesellschaft weitaus übertroffen.
Also zu Beginn zu dieser Woche, am Montag, war der Dreikönigstag und traditionell gesehen auch das Ende der Weihnachtszeit, also den Weihnachtsbaum abräumen und entsorgen. Der Dreikönigstag ist geblieben, aber es kam noch der «Bau-den-Weihnachtsbaum-ab-Tag» dazu. Ich gestehe den «Women Rock! Day» und den «Spaghetti-Tag» am 4. Januar (aus Schweizer Sicht wäre das Hörnli-Tag) habe ich verpasst, bin aber gespannt, ob am 8. Januar dem «Internationalen Tag des Maschinenschreibens» alle Schreibenden ihren Computer wegstellen und die alte Hermes Baby hervorkramen. Grosse Freude hatte ich aber am vergangenen Freitag, denn es war «Tag der Zartbitterschockolade und der Zimmerpflanzen», vor allem aber war es der Tag zur Ehre meines seit meiner Kindheit geliebten Instruments ‒ der Blockflöte.
Nun halten Sie Ihr Lächeln bitte zurück, liebe LeserIn, das war in den 1950er Jahren noch eine besondere Leistung der Schulen, dass sie so gnädig waren einem das Blockflötenspiel beizubringen. Natürlich bezeichneten wir dieses ehrenwerte Instrument verächtlich als «Speutzknebel», denn wer wollte schon in der aufkommenden Zeit des Rock'n'Roll mit seinen E-Gitarren, dem Jazz mit Trompete und Saxophon so etwas Biederes spielen lernen wie eine Blockflöte. Das war doch gerade gut genug für das Weihnachtsfest, um den Eltern eine Freude zu bereiten und Stille Nacht auf der Blockflöte vorzuspielen. Eigenartig ist es aber doch, dass trotz des Kennenlernens anderer musikalischer Stile und Instrumente die Blockflöte immer noch ihren Platz hat in der Wohnung, wenn sie auch nicht mehr so stark benutzt wird, wie einst einmal.
Dafür freue mich, dass es längst begnadete MusikerInnen gibt, die aus der Blockflöte Musik zaubern und einem in eine andere Welt verführen. Da kommt schon so eine Art Wehmutsgedanke auf, hätte ich doch dem «Speutzknebel» mehr Beachtung geschenkt, wer weiss ‒ aber die BlockflötistInnen freuen sich ja auch über einen interessierten und aufmerksamen Zuhörer.
Richard Wurz
6. Januar 2020
Bild: Richard Wurz