Bekanntermassen leben wir in der in der Schweiz in einer sogenannten Wohlstandsgesellschaft.
Dieser Wohlstand gibt uns ein gewisses Mass an Sicherheit. Gleichzeitig lässt er uns aber auch nach immer mehr zu streben. Und den eben erst erreichten Wohlstand möchten nicht plötzlich wieder verlieren. Dies entwickelt sich zu einer endlos drehenden Spirale. Der Wohlstand fordert von uns seinen Preis, und dieser Preis ist durchaus nicht ganz unerheblich. Stress, Burnout, aber auch verschiedene Krankheiten wie Übergewicht und Diabetes werden unserem Wohlstand zugeschrieben.
Doch wird es gerade für die grossen Lebensmittelkonzerne aufgrund des bereits erreichten Levels unserer westlichen Gesellschaft immer schwerer, mit oder dank uns Gewinn zu machen. Längst haben sich diese grossen Konzerne also umorientiert und neue Strategien ausgeheckt. In den Fokus ihrer Gewinnmaximierung sind die sogenannt «Ärmsten» auf der Welt getreten. Doch wie kann Gewinn machen gerade mit diesen Menschen, die kaum Geld haben, um sich das nötige Essen zu kaufen? Das mag man jetzt etwas naiv fragen. Nun, ganz einfach: Indem man gerade diesen Menschen durch undurchsichtige Methoden vorgaukelt, dass sie mit wenig Geld wirklich gesundes Essen bekommen, damit ihre Familien versorgen können und gleichzeitig damit zu einem gewissen Wohlstand kommen, weil die Menschen in den sogenannt «reichen» Ländern sich längst so ernähren würden.
Die Rede ist davon, dass grosse Lebensmittelkonzerne dazu übergegangen sind, Fertignahrungsmittel in Mini-Packungen anzubieten. Bei uns würden solche Packungen gerade einmal als Gratismuster durchgehen. Aber in den Favelas von Brasilien oder den Armenvierteln in Afrika erfreuen sich diese Packungen einer grossen Beliebtheit und hier werden sie bestimmt nicht gratis abgegeben, sondern können für «wenig» Geld gekauft werden. Zu einem der Standardprodukte, die so regelmässig gekauft werden gehören unter anderem Margarine oder Bouillonwürfel. Viel zu salzig und nicht nachhaltig, verdrängen diese Produkte die traditionellen Gerichte. Weil sie billiger sind als zum Beispiel das Gemüse auf dem Markt, das man braucht, um eine Bouillon zu kochen, wird dem Fertigprodukt der Vorrang gegeben. Konsequenz ist, dass immer weniger Leute traditionell kochen und damit die benötigten Produkte einkaufen. Viel schneller und gesünder, so suggerieren die Lebensmittelkonzerne, sei ihr Fertigprodukt, und das hat Konsequenzen. Auch diese Menschen vergessen, wie man sich gesund und ausgewogen ernährt. Übergewicht und Diabetes gehören nun auch in den armen Ländern zur Tagesordnung. Gleichzeitig fehlt diesen Leuten aber das Geld, um sich medizinisch versorgen zu können. Der Profit mit den «Ärmsten» bringt diese an den Rand des Ruins und stürzt sie noch mehr in die Armut. Für einige Momente des Gefühls, dass man sich Wohlstand leisten kann, ist dieser Preis definitiv zu hoch und nur wenige wehren sich dagegen. Denn Geld regiert die Welt ‒ Und die, die es haben, wollen immer mehr.
Bettina Leemann
1. Oktober 2017
Bild: zVg