Im Gespräch ist nicht die Form des menschlichen Körpers, sondern die musikalische Muse mit Gitarren- und Harfenmusik.
Die musikalischen Klänge am Bogen in Bremgarten verhinderten eine Fortsetzung des täglichen Alltag-Spaziergangs – die beiden Musiker Hans-Ruedi Bossart (Gitarre) und Norbert Ardioli (Gitarre und Harfe) übten vor dem Fachgeschäft boton von Hans-Ruedi Bossart den musikalischen Dialog als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. So nahm ich mir einen Hocker, setzte mich einfach in die Gasse und genoss das Live-Konzert, konnte es aber natürlich nicht lassen, die beiden Musiker immer wieder in ein Gespräch zu verwickeln.
«Mit weniger mehr machen»
Die Harfe von Norbert Ardioli sieht auf den ersten Blick wie eine Minaturausgabe der uns bekannten klassischen Konzertharfe aus. Darauf angesprochen, weist Norbert Ardioli darauf hin, dass die Grösse seiner Harfe auf die keltische Zeit zurückgehe und man im Gegensatz zur Konzertharfe, die sechs bis sieben Octaven mit Halbtönen umfasst, nur über vier Octaven mit Halbtönen verfügen könne. Dies sei kein Nachteil, sondern ein Vorteil, meinte Norbert Ardioli, denn die 7. Octave bei der klassischen Harfe sei tonalisch nicht massgebend und musikalisch nicht zwingend. Natürlich sei man mit der traditionellen Harfe mit nur vier Octaven mehr gefordert, meinte Norbert Ardioli, dafür öffne sie mehr Grenzen für Improvisationen und musikalische Visionen. «Das zwingt einem wohl dazu mit weniger mehr zu machen, was aber sehr kreativ ist.» Die Harfe sei seit Kindheit sein Wunschinstrument, erzählte Norbert Ardioli, aber er habe sich nach Klavier und Gitarre damit gedulden müssen bis zu seinem 30. Lebensjahr. Doch seither baut er seinen Harfen selber und spielt sie als Solist und im Duo Saite an Saite mit Hans-Ruedi Bosshard.
Da sich die akustischen Gitarren kaum unterscheiden, war die Frage, ob denn eine Gitarre einfach eine Gitarre ist, wohl sehr unfachmännisch. Hans-Ruedi Bossart, der schon seit 1965 Gitarre spielt, lächelte aber verständnisvoll und meinte: «Der Musiker kann technisch noch so versiert sein, wenn die Gitarre nicht stimmt, hilft das nichts.» So sei das Holz entscheidend, erklärte er, denn zum Beispiel Buchenholz töne nicht, dafür kämen Fichte und Zeder schnell zum Schwingen und können den Klang hervorragend transportieren. Ausschlaggebend für eine gute Akustik sei aber auch die Form der Gitarre, denn nicht die Schönheit mache den Klang aus. Beim Bau einer Gitarre geht es um die Rundungen und die Grösse des Instruments, denn eine 3-eckige akustische Gitarre bringe zum Beispiel gar nichts. Er selber baue keine Gitarren, das überlasse er gerne den Fachleuten, wenn es aber um Tonabnehmer gehe, sei er die richtige Ansprechperson.
Eine authentische Klangwelt
Die beiden Musiker spielen seit längster Zeit zusammen und finden sich in den einzelnen Interpretationen zu einem Einklang – ohne Noten und ohne Gespräch. Die musikalischen Themen seien gegeben, erklärte Norbert Ardioli. So gehe es ihnen im gemeinsamen Spiel um Variationen, Grenzen verschieben und sich immer wieder neu finden. In ihrem Spiel legen sie Themen hauptsächlich aus der Folkmusik-Welt und weniger klassische zu Grunde. Im Spiel gibt der eine die Tonlage, das Thema vor und der andere klinkt sich ein und so entsteht ein Dialog, letztlich aufeinander abgestimmt. «Es sind wir, die spielen und interpretieren. So tönt jedes Stück je nach Stimmung und persönlichem Empfinden immer wieder anders», so Hans-Ruedi Bossard. Das ist das Spezielle an diesem Duo, denn es entstehen fortlaufend aus Bekanntem neue Klangbilder – also aus weniger mehr machen und das fasziniert.
Richard Wurz
1. Juni 2020
Bilder: Richard Wurz
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