Es braucht eine offene Gesellschaft
Mit Verlaub sei daran erinnert, dass es seit Menschengedenken das Bemühen der Bevölkerung ist, Menschen in ein System einzugliedern. Das wurde nie in Frage gestellt, hingegen welches System die Verantwortung dafür übernehmen will respektive kann. Das war und bleibt eine politische, gesellschaftliche und soziale Auseinandersetzung und dem Bemühen immer wieder Lösungen zu finden und sie umzusetzen. Mitten in diesem Prozess steht Jonas Meier, seit er als 20-Jähriger begann die jungen Menschen als Lehrer in das Schulsystem und sein Umfeld zu integrieren als Basis für ihre Zukunft. Im Zivildienst in der Rehaklinik Bellikon habe er gelernt Menschen auf ihrem Weg zurück in die Gesellschafts- und Arbeitswelt zu begleiten und jetzt sei er mitverantwortlich mit seinem Integra-Team für Menschen Leben und Arbeit miteinander in Verbindung zu bringen.
Lukas Meier
Menschen mit …
Es brauche Institutionen wie die Integra, die modern, durchlässig und zeitgemäss geführt und wo nicht eingesperrt wird, betonte Jonas Meier. «Die Grundhaltung sollte so sein, dass Menschen, die in einer solchen Institution integriert sind, normal leben, wohnen und ihren Fähigkeiten angepasst arbeiten können.» Da es eine Diskriminierung ist von «behinderten» oder «beeinträchtigen» Leuten zu reden und schreiben, war die Frage «was jetzt» gegeben, denn ein «Nichts» sind sie ja nicht. Jonas Meier brachte es auf den Punkt: «Ob ‹Behinderung› oder ‹Beeinträchtigung› sprechen wir an erster Stelle von Menschen.» So dürfe eine Behinderung keine Beeinträchtigung sein in den Begegnungen und der Wertschätzung ihrer Arbeit. Es sei daher die Aufgabe des Integra-Teams, dass dies möglich und tragbar ist, aber auch eine offene und unterstützende Gesellschaft. Und fügte an, dass es zuwenig Leute gibt, welche die Zeit mit diesen Menschen verbringen, sie begleiten und im Alltag unterstützen – aber für ihre Arbeit auch bezahlt werden.
Druck wegnehmen
Es gebe schon viele Menschen, die keinen Durchblick und den Boden unter den Füssen verloren haben. Ein Teil von ihnen würden den Weg wieder finden, wenn man organisiert in sie investiert und sie unterstützt. Ein sehr guter Ansatz seitens der Gemeinden sei das Projekt einen Coache anzustellen, der diese Menschen professionell begleitet. Diese Unterstützungsphasen würden aber nicht allen eine Veränderung bringen. Es nütze aber nichts, sie draussen stehen zu lassen und zu zwingen etwas zu tun. Man sollte darüber nachdenken, ob einfach ein Sozialbeitrag der Lage besser gerecht würde. Lukas Meier wies aber auch darauf hin, dass das Ganze nichts nütze, wenn man nicht die Aus- und Weiterbildung des Einzelnen gestalten und fördern würde, um so einen festen Boden zu schaffen. Die Gesellschaft müsse aber auch dazu bereit sein, in den drei Lebensbereichen Arbeit, Wohnen und Leben durchlässige Begegnungen und Angebote möglich zu machen … und «Die Vielfalt als Chance, nicht als Risiko nimmt.»
Richard Wurz
30. November 2024
Bilder: Bruno Rotach
Illustration Karin Köpfli-Fehlmann
Der nächste Kafi-Tratsch findet am Samstag, 26. Januar 2025 statt.