Es weckt Erinnerungen ‒ Ausstellung im Stadtmuseum Bremgarten mit Fotografien des Bremgarter Fotografen Willi Wettstein. Sein Neffe Alois Stutz macht dies mit seinem Archiv möglich.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass jemand noch Zeit findet und die Bedeutung eines solchen Archivs richtig einschätzt und so ein unschätzbares Gut an kulturgeschichtlicher Erinnerung sichtbar macht. Im Gespräch ist der Bremgarter Fotograf Willi Wettstein (1902 bis 1982), der während mehr als einem halben Jahrhundert in Bremgarten alles fotografierte und sein Neffe Alois Stutz, auch ein passionierter Fotograf, der das Schaffen akribisch ordnete und zu einem einmaligen Archiv zusammenführte. Im Gespräch meinte Alois Stutz: «Ich war der Einzige, der in Bezug auf die Bilder im Atelier von meinem Onkel (Willi Wettstein) aufräumen durfte.» Das sei ihm immer sehr wichtig gewesen, denn sein Onkel habe 50 Jahre Geschichte und Leben von Bremgarten fotografisch festgehalten. Willi Wettstein hinterlasse rund 5000 Aufnahmen, die jede Einzelne für sich eine Geschichte aus der Zeit zwischen 1920 und 1970 zu erzählen wisse. «Ein solches kreatives Erbe müsse man einfach pflegen und erhalten», meinte Alois Stutz.
Er hinterlässt seine Spuren
Die Fotografie habe seinen Onkel schon in den Jugendjahren begleitet, erinnert sich Alois Stutz. Im Kloster Einsiedeln, wo er die Matura absolvierte, war er der Hoffotograf des Klosters. Und während seines Theologiestudiums in Luzern liess ihn die Passion der Fotografie nicht los. Dies habe dazu geführt, dass sich Willi Wettstein letztlich für die Berufswelt der Fotografie entschied. Dies sehr zum Ärger der kirchlichen Obrigkeit, fällte er doch diesen entscheidenden Entschluss erst kurz vor der anstehenden Primiz ‒ das heisst, Willi Wettstein wurde Fotograf und nicht Pfarrer. Im Jahre 1929 richtete er mit seiner Frau Maria von Moos Am Bogen 10 in Bremgarten zusammen mit der Papeterie und Buchbinderei von Josef Schifferli sein Fotogeschäft ein. Die Rollen waren verteilt ‒ seine Frau führte den Laden und die Buchhaltung und Willi Wettstein war zuständig für das Fotografieren, die Einrahmungen und das Buchbinden.
Sein Onkel sei auch handwerklich sehr begabt gewesen, erzählte Alois Stutz, was man von ihm selber nicht sagen könne. So habe Willi Wettstein die Atelier-Kamera für Porträtbilder so umgebaut, dass sich der Porträtierte im Spiegel sehen konnte, ob denn der Gesichtsausdruck auch stimme und der Fotograf sah durch ein Sichtrohr auf das Sujet, damit der zu Fotografierende nicht durch ihn abgelenkt wurde. Aber seine Experimentierfreudigkeit ging noch viel weiter. Im Jahre 1920 erstellte er zum Beispiel das erste Panoramabild der Stadt vom Kirchenturm aus gesehen. Das Festhalten des Motives auf dem Bild habe ihm aber nicht genügt, sein Onkel habe auch gleich die Panoramakamera, die dazu nötig war, selber gebaut.
Er sei ein sehr ehrlicher und spontaner Mensch gewesen, erinnert sich Alois Stutz, aber mit seiner positiven und offenen Lebensart manchmal auch ein bisschen zu grosszügig. Er fügte aber gleich an, dass sein Onkel nicht nur in der Fotografie ein exakter Mensch gewesen sei, sondern auch in seinem Atelier. Willi Wettstein habe alles immer genau dokumentiert, wie in einem Tagebuch festgehalten, wann, welches Bild gemacht wurde und notiert, was der Inhalt war. Fotografisch habe Willi Wettstein alles Mögliche und Unmögliche aus Bremgarten und seiner Region festgehalten, betonte Alois Stutz. «Er fotografierte immer da, wo was los war, oder sich veränderte ‒ Menschen, Landschaften, Objekte.» Damit hinterlasse Willi Wettstein ein fotografisches Erbe, das viel Bekanntes und Unbekanntes wieder sichtbar mache.
Seinen Spuren gefolgt
Im Gespräch konnte man feststellen, dass der Neffe Alois Stutz sehr von seinem Onkel Willi Wettstein geprägt wurde. Er habe seinen Onkel schon während seiner Lehrzeit als Fotograf in seinem beruflichen Alltag begleitet, sozusagen die rechte helfende Hand. Er umschrieb aber seine Arbeit als Fotograf mit einem Lächeln als Hobby. Dabei gehört er längst zu den Altmeistern der Fotografie und seine Liebe zur Fotografie und in Respekt gegenüber der Arbeit seines Onkels habe er auch das Archiv von Willi Wettstein gepflegt. Nur so ist es möglich, dass dieser kulturgeschichtliche Hintergrund, den die Fotografien von Willi Wettstein festhalten, überhaupt sicht- und erlebbar wird. Es sind Momente und Geschichten aus fünf Jahrzehnten, die Willi Wettstein mit seinen Fotografien aufleben lässt. Das Wichtigste in seiner Arbeit sei für Willi Wettstein stets gewesen, Neues zu entdecken, die Welt anders zu sehen und Sachen sehen, die es heute gar nicht mehr gibt.
Richard Wurz
12. Mai 2019
Bilder: Richard Wurz
Die Ausstellung «Bremgarten in Fotos 1920-1970 ‒ Der Fotograf Willi Wettstein» im Stadtmuseum Bremgarten ist ab Samstag, 18. Mai, jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.stadtmuseum-bremgarten.ch