Mit einem Spaziergang durch Bremgarten mit Autor Silvio Blatter in die Zeit der 1950er Jahre eröffnete das Kellertheater Bremgarten nach einer längeren Zwangspause die Saison 2020/2021.
Man vermag sich gut erinnern, dass die Freiämter-Trilogie von Silvio Blatter für ZuzügerInnen durchaus die Einstiegsbibel war, um das Leben im Freiamt ein bisschen verstehen zu lernen. Für die FreiämterInnen selbst war die Trilogie da und dort wie ein Spiegel, der einem vorgehalten wurde. An diesem Abend, organisiert durch das Kellertheater Bremgarten, der einem mitnahm auf einen literarischen Spaziergang mit dem Autor, brauchte man keine Kenntnisse über diese Trilogie zu haben und er hielt einem keinen Spiegel vor die Nase. Silvio Blatter erzählte genüsslich aus seiner Kindheit in Bremgarten. So wurde es ein unterhaltsamer Abend losgelöst von historischer Genauigkeit über Bremgarten und auch vom hohen Anspruch an «hochstehender» Literatur.
«Es geht um meine Sichtweise»
In den drei Freiämter Bücher habe er sich versucht an die Personen heranzutasten und sie dann als Autor in die Geschichte einzubringen. Natürlich sind diese Bücher autobiografisch, aber nicht auf sich selbst bezogen, sondern auf die Personen, die in ihren Rollen verhängt es möglich machten, dass er schreiben konnte, erklärte Silvio Blatter. Doch jetzt sei er da, um vor Ort zu erzählen, was er in seiner Kinder- und Jugendzeit in Bremgarten erlebt habe. Er erinnerte daran, dass er zu einer Zeit aufgewachsen sei, als die Eltern den Jahrgang 1910/20 hatten und die Lehrer zum Teil so um 1900, das habe auch das gesellschaftliche Leben damals geprägt, meinte Silvio Blatter mit einem Blick zum Stadtschulhaus.
Am Weissenbachrain blieb Silvio Blatter plötzlich stehen und wies mit Stolz auf zwei Bohrlöcher in der Steinmauer hin. «Hier ist einst ein Schaukasten gehangen vom Boxclub, den ich gegründet habe und da war ich erst 13 Jahre alt.» Dann kam aber umgehend das «Villiger-Hüttli» in den Mittelpunkt, da wo der Kiosk seines Grossvaters war und er seine MickeyMouse Heftchen bekam. Mit Blick über die Reuss wies er auf das Casino hin, denn das sei sein erster Berührungspunkt mit der Kultur gewesen und die Stadtmusik der Erste mit Musik. Auf dem Weg zur Schlossergasse erfuhr man dann von seinen Begegnungen mit dem Schlachthaus und mit Stolz wies er in der Schlossergasse auf das Haus sozusagen sein Geburtshaus hin. Im Höfchen an der Schlossergasse 1 vergnügte er die SpaziergängerInnen noch mit einer interessanten Lesung aus einem seiner Trilogie-Bücher, nicht aber, um vorher die einstige Bedeutung dieses Hofes zu erklären. Hier hatte es einen Stall mit Ross, Kühen und Schweinen und für die Kühe sei er verantwortlich gewesen.
Es war ein Spaziergang mit literarischem Hintergrund durchmischt mit historischen Hinweisen, geprägt aber von persönlichen Anekdoten und Erlebtem von Silvio Blatter bezogen auf das Städtchen Bremgarten – wie ein persönlicher Anhang in einem seiner drei Freiämter Trilogie-Bücher.
Richard Wurz
3. September 2020
Bilder: Bettina Leemann