Zurück zu der ursprünglichen Idee des Wanderzirkus. Diesen mutigen Schritt macht das Zirkus-Team von Roikkuva und startet am vergangenen Wochenende im Wohlen seine erste Tournee mit einem eigenen Zelt.
Der Circus Monti hat seine Tournee abgesagt. Das ist dem Team von Roikkuva mit dem neuen Programm «Empire of Fools», bestehend aus Andreas Muntwyler, Ulla Tikka, Gerardo Tetilla und Samuel Messerli entgegen gekommen, denn sie konnten nicht nur auf die Mithilfe beim Aufbau ihres neuen eigenen Zeltes zählen, sondern auch im Monti Winterquartier üben und proben. So stellte Andreas Muntwyler an der Premiere mit einem bescheidenen Lächeln fest, dass ihm und seinem Team die aktuelle Lage sogar etwas in die Hände gespielt habe. Doch als Konkurrenz zum Circus Monti ist das neue Projekt von Roikkuva auf keinen Fall zu verstehen. Vielmehr ist es eine Zirkusvorstellung die neuen Wege einschlägt.
Ganz nah beim Publikum
Der Rahmen, welcher das neue Zelt bietet ist sehr intim und bescheiden. Jetzt mit ausgelichteten Sitzreihen wird das Ganze beinahe zu einer Privatvorstellung. Es riecht nach Sägespänen und man betritt auch als Zuschauer über die Manege den Raum und nimmt auf den Holzbänken Platz. Schnell wir einem hier klar, dass man ganz nahe bei den Artisten und der Artistin ist. Klein ist das Rund und so ist es nicht verwunderlich, dass nur gerade vier Personen die gesamte Show bestreiten. Und wie sie diese gestalten. Sie sind alle vier immer permanent in Aktion, sei dies, dass sie für die passende Musik, den artistischen Nervenkitzel, die Sicherung eines Teamkollegen oder den Aufbau eines neuen Szenarios sorgen. Hier läuft permanent irgendetwas und die vier sind schlicht für alles zuständig. Da gibt es keine Pause, kein Innehalten. Eine unglaubliche Leistung, die höchsten Respekt verdient.
Zauberhafte artistische Momente
Hinzu kommt mit dem Programm «Empire of Fools» ein Programm, dass mit der Tragik und Komödie auf zauberhafte Art und Weise umgeht. Es steckt viel Selbstreflexion und Eigenironie in den einzelnen Nummern, dann zum Beispiel, wenn Ulla Tikka erklärt, was es denn alles braucht, um über das Seil zu gehen. Oder dann, wenn Andreas Muntwyler die nötige Ruhe sucht, um zu einem Salto auf dem Seil anzusetzen. Tragisch ist auch die Figur von Gerardo Tetilla. Als trauriger Pierrot ist er in seiner ganzen Mimik extrem mitreissend und überzeugend danach mutiert er zum ewigen Besserwisser, der, obwohl er längst nicht alles kann, seine Kollegen zu Höchstleistungen anstachelt. Samuel Messerli ist ein wunderbarer Musiker, der immer den richtigen Ton, den passenden Rhythmus findet und dabei den einzelnen Nummern die nötige Dramaturgie verleiht. So wächst das Ganze zu einem einmaligen Zirkuserlebnis zusammen, das fasziniert, mitreisst und zum Träumen einlädt. Zirkus pur ohne Glamour und Pomp in einer unglaublichen Intimität bekommt man hier geboten und das ist wirklich begeisternd.
Bettina Leemann
6. September 2020
Bilder: Bettina Leemann
Weitere Informationen unter www.kulturpalast.ch