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«Grandios – einfach unglaublich!» ‒ so oder ähnlich waren die Worte des Publikums nach dem Konzert des Jugendsinfonieorchesters Aargau am Sonntag in der Alten Kirche.


Unter dem Motto «Entfesselt» bot das Jugendsinfonieorchester Aargau (JSAG) unter der Leitung von Hugo Bollschweiler einen wahrlich mitreissenden Start in das Jahr 2020. Die jungen MusikerInnen hatten vom 28. Dezember bis am 3. Januar mehr als intensiv geprobt, gefeilt und niemals innegehalten, sondern sich stetig verbessert und sich die überaus anspruchsvolle Musik des Programm, bestehend aus Ludwig van Beethovens (1770 bis 1827) Leonore-Ouvertüre Nr. 3, op. 72b (1806), Kurt Weills (1900 bis 1950) Symphonic Nocturne «From Lady in the Dark» (1941) und Richard Strauss (1864 bis 1949) «Tod und Verklärung», op. 24 verinnerlicht und zu ihrer ganz eigenen Musik gemacht.

Natürlich durfte zum Auftakt des Beethoven Jahres eine Komposition des grossen klassischen Komponisten auf keinen Fall fehlen. Mit der Leonore-Ouvertüre, welche Ludwig van Beethoven mehrmals umgeschrieben hatte, gab das JSAG an diesem Morgen in der Alten Kirche Boswil sein Statement zum grossen Meister ab. Man hätte meinen können, da sässe eines der grossen sinfonischen Orchester an den Pulten, so satt und präzise kam die Interpretation des Werkes daher. Dies liegt sicher auch an der intensiven und fordernden Art des Dirigenten Hugo Bollschweiler. Er weiss welchen Klangkörper er da vor sich hat und was er von den jungen Menschen fordern kann. Er weiss aber auch, wie er das Feuer und die Begeisterung für die Musik in seinem Orchester wecken kann und sein Orchester zum Leuchten bringt. Davon konnte man sich in den beiden nachfolgenden Werken direkt überzeugen.

Eine Psychoanalyse in Musik gefasst
Das Werk von Kurt Weill «From Lady in Dark» wiedergibt in Musik gefasst eine Psychoanalyse. Die Hauptdarstellerin Liza Elliott, die Herausgeberin eines Modemagazins, versucht mithilfe einer Analyse ihre komplizierten Liebesprobleme zu lösen. In drei Träumen erlebt Liza Elliott sich und die Männer ihrer Umgebung. Schliesslich gelingt es ihr mit Hilfe der Psychoanalyse ihr Problem zu lösen. Kurt Weill hat dies alles in Musik gefasst. Die Musik ist geprägt von jazzigen Rhythmen, die abrupt wechseln und immer mal wieder abdriften, um dann wieder zurückzukommen. Ein überaus abwechslungsreiches, mitreissendes und faszinierendes Musikstück, das den jungen Menschen offenbar grossen Spass machte musikalisch umzusetzen.

Ein wahrer Genuss an diesem Morgen war allerdings die Interpretation von Richard Strauss «Tod und Verklärung». Die gequälte Seele des Menschen, welcher mehr und mehr sein irdisches Dasein verlässt und in eine andere Welt hinüber gleitet, war fast unheimlich. Diese Musik hatten die Mitglieder des JSAG geradezu verinnerlicht und zu ihrem Eigenen gemacht. Es war schlicht unglaublich wie viele Emotionen vom Orchester auf das Publikum übertragen wurden und dieses in den Bann zu ziehen wusste. Schliesslich waren alle Fesseln gesprengt und nach dem letzten Nachhören des Klangteppichs, auf dem die Seele sich vom leidenden Körper löste, brandete ein wohlverdienter Applaus nieder.

Ja, es war in der Tat einmal mehr überaus begeisternd und es fällt als Schreibende schwer, nach einem solch berückenden Konzerterlebnis die Distanz einer Berichterstatterin zu wahren. Das mögen Sie, werte LeserIn, jetzt nicht goutieren, aber wenn Sie wie die Schreibende seit der Gründung des JSAG praktisch jedes der zwei jährlich stattfindenden Konzerte gehört und mitbekommen haben, wie sich das Orchester immer wieder von neuem steigert, neuen Herausforderungen mutig stellt und mit seinem Dirigenten Hugo Bollschweiler dem Publikum regelmässig berückende, gar magische Momente beschert, dann möge doch diese Schwärmerei ausnahmsweise erlaubt sein. Und lassen Sie sich gesagt sein, das Jugendsinfonieorchester spielt nächstes Wochenende noch im Vortragssaal im Kunsthaus Zürich und an den Wettinger Kammerkonzerten.

Bettina Leemann
5. Januar 2020
Bilder: Bettina Leemann

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