Es wird munter marschiert in der Mehrzweckhalle Boswil, dazwischen wird gelacht aber auch diskutiert, und in der nächsten Minute wieder konzentriert mit chinesischen Essstäbchen auf Drummsticks mit Rillen schraffiert und eine anspruchsvolle Performance erarbeitet.
Es sind rund fünfzig Leute. sprich hundert Hände, die sich da in der Mehrzweckhalle Boswil zusammengefunden haben, um bei der Kollektivperformance mit dem klingenden Namen «Schraffur» mitzuwirken. Der Basler Komponist und Schlagzeuger Fritz Hauser gibt genaue Anweisungen, was er haben möchte, denn die Performance «Schraffur» ist seine Idee, seine Umsetzung für die Ausstellung «MASKE in der Kunst der Gegenwart» im Aargauer Kunsthaus. Im Künstlerhaus Boswil mit der Projektleiterin Magdalena Reisser-Dür wurde der perfekte Kooperationspartner gefunden. Hier in Boswil findet die ganze Probenarbeit statt, damit die Performance, so spontan und improvisiert, wie sie am Schluss beim Publikum ankommen wird, eingeübt werden kann.
Die Lust am schabenden Geräusch
Unter der mutigen Schar der Mitwirkenden sind praktisch ausschliesslich Performerinnen. Die meisten von ihnen sind schon etwas älter. Doch mitten unter ihnen findet man auch eine Gruppe von SchülerInnen aus Villmergen, die sich ebenfalls dazu entschlossen haben, in Aarau am 1. und 2. November Teil der Kollektivperformance zu sein. Viele von den Mitwirkenden haben einen Bezug zur Musik, spielen in ihrer Freizeit ein Instrument. Schlagzeug haben aber die wenigsten von ihnen schon jemals gespielt und müssen sich so erst an ihr Instrument, nämlich den gerillten Drummstick und die chinesischen Essstäbchen, gewöhnen. Die SchülerInnen machen die einmalige Erfahrung, dass lange Bambus-Stäbe, die ebenfalls gerillt sind, einen enormen «Krach» veranstalten können, wenn man über diese Rillen streicht. Das macht Spass und löst bei allen Beteiligten Freude und Begeisterung aus.
Schon bald fühlt man sich auch als Aussenstehender integriert und möchte am liebsten ebenfalls Drummstick und Essstäbchen packen, um ebenfalls zu schraffieren. Die schabenden Geräusche, die mal ganz leise dann wieder laut und intensiv oder auch ganz schnell oder langsam sein können, versetzen einem in Schwingung. Man spürt plötzlich einen Puls, einen Rhythmus, der einem mitreisst und begeistert. So ist es nicht verwunderlich, dass die Gruppe um Fritz Hauser äusserst gut gelaunt ist, obwohl sie jede Menge Freizeit, wie zwei Wochenenden für die Einübung der Performance opfern. Sie alle sind gespannt, wie sich schliesslich das Projekt, einstudiert für die Ausstellung in Aarau entwickelt und zur Aufführung gebracht wird. Und sie haben einen ganz besonderen Vorteil, sie können einmal mit berechtigtem Stolz von sich behaupten, dass sie sich auf ein aussergewöhnliches musikalisches Projekt eingelassen haben.
Bettina Leemann
20. Oktober 2019
Bilder: Bettina Leemann
Nähere Informationen zum Projekt und den Aufführungen im Aargauer Kunsthaus unter: www.schraffur.ch