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Der Schäfer Elzéard Bouffier.
Gesellschaft
Es ist die Geschichte von jenem Mann, der Bäume pflanzte, die Geschichte vom Schäfer Elzéard Bouffier, der in der kargen Landschaft der Provence zu Beginn 1990er-Jahre seine dreissig Schafe hütete.
Datum: 31. Dezember 2024

Elzéard Bouffier, ein Mann der wenig sprach, ein Einzelgänger, der sich und in seinem Leben wohl fühlte. Er lebte fernab von den Holzfällern, die Kohle brennen und in einem ständigen Wechselbad des Lebens ihren Alltag bestritten. Es gab da um alles Streit, um den Kohlenverkauf, aber auch um die Kirchenbank. Ein unaufhörlicher Konflikt zwischen Laster und Tugenden.

Es gab die Zeit, da gehörte er zu den Leuten unten in der Ebene, besass einen Bauernhof. Als er seinen einzigen Sohn und seine Frau verlor, suchte er in den kargen Höhen die Einsamkeit und fand Freude an dem beschaulichen Leben mit seinen Schafen und seinem Hund. In dieser Zeit kam er zur Einsicht, dass das Land da oben aus Mangel an Bäumen starb und er eigentlich nichts sehr Wichtiges zu tun hat, als diesem Zustand abzuhelfen. So zog er jeden Tag und setzte Eicheln, er pflanzte Eichen. Letztlich setzte er hunderttausend Eichen, wovon zwanzigtausend gewachsen sind. Er rechnete sich aus, dass die Hälfte durch Nagetiere verloren gehen oder durch all das, was man in den Plänen der Vorsehung nicht vorausahnen kann. Aber blieben zehntausend Eichen stehen, dann würden sie an einem Ort wachsen, wo vorher nichts gewesen war. Und es entstand in diesen Höhen der Provence ein wunderbarer Wald. Ein Wald, der ohne technische Hilfsmittel aus den Händen und der Seele von Elzéard Bouffier hervorgegangen war – ein Zeichen, dass die Menschen nicht nur zu zerstören vermögen, sondern so viel bewirken könnten wie Gott.

Er überlebte den ersten Weltkrieg, kümmerte er sich doch nicht darum, sondern pflanzte unbeirrt weiter. Eine Wende in seinem Tun vollzog er, als er feststellen musste, dass seine Schafe seine Baumpflanzungen gefährdeten und er behielt nur noch vier. Dafür erbaute er über hundert Bienenstöcke, setzte aber weiterhin Bäume und Bäume – Buchen und Birken. Elzéard Bouffier musste aber gegen viele Widerwertigkeiten und gegen die Verzweiflung ankämpfen. So sind seine rund zehntausend Ahornbäume alle eingegangen. Die Leute im Dorf, die Jäger und die Forstbeamten staunten über den Wald, glaubten aber, dass dieser Gott gegeben gewachsen sei. Wie die Geschichte zu erzählen weiss, wurde aber zu seinem Glück der Wald unter den Schutz des Staates gestellt und es war verboten das Brennen von Holzkohle.

Auch um den zweiten Krieg kümmerte sich der Schäfer nicht, sondern ging friedlich seiner Arbeit nach. In der Zeit nach dem Krieg änderte sich die Landschaft, die Gegend wurde bevölkert. Es entstanden Weiler mit Bauernhöfen und überall sprudelte das Wasser wieder und bei einem Springbrunnen pflanzte man eine Linde daneben, das unverrückbare Symbol der Auferstehung, des Aufbruchs. Elzéard Bouffier machte es möglich, dass mehr als zehntausend Menschen in dieser Region annehmlich leben konnten. Dabei bedenke man, dass ein einziger Mann mit beschränkten körperlichen und moralischen Kräften genügt hat, aus der Wüste ein Land mit Lebensqualität zu schaffen.

Der Schäfer Elzéard Bouffier schlief 1947 im Hospiz von Banon (F) friedlich ein. Man wird heute sicher keine Spur mehr seines Wirkens, ein Andenken an ihn finden, denn in den vergangenen Jahrzehnten wurde alles über den Haufen geworfen, um Silos, Schiessplätze, Atomraketen und Ölreservoirs anzulegen. Aber Elzéard Bouffier hat in sich einen Geist hinterlassen, der deutlich macht, dass ein Aufbruch Veränderungen bringen kann, wenn sie auch im Zeitraffer der Entwicklung wieder verloren gehen.

Die Geschichte ist dem Buch «Der Mann, der Bäume pflanzte» von Jean Giono (1895 bis 1970) entnommen. Er traf Elzéar Bouffier auf einer seiner Wanderungen und konnte ihm in seiner Einsamkeit immer wieder begegnen.

Richard Wurz
31. Dezember 2024
Bild: vVg

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