Das Jugendsinfonieorchester Aargauer (JSAG) unter der Leitung von Hugo Bollschweiler entführte sein Publikum ins «Traumland».
Einmal mehr war sie restlos ausverkauft, die Alte Kirche Boswil, als das JSAG unter der Leitung von Hugo Bollschweiler zum neuen Programm «Traumland» aufspielte. Glücklich konnte man wahrlich sein, wenn man einen Platz hatte ergattern können. Denn die jungen MusikerInnen im Alter zwischen 16 und 26 Jahren bewiesen eindrücklich, dass auch junge Leute klassische Musik auf allerhöchstem Niveau spielen können.
Musikalische Träume
Es war ein überaus anspruchsvolles und ehrgeiziges Programm, das Hugo Bollschweiler unter dem Titel «Traumland» zusammengestellt hatte. Bereits der Anfang des Konzertes hatte es durchaus in sich. Mit «Prélude à l'après-midi d'un faune»von Claude Debussy (1862 bis 1918) kam ein impressionistisches Werk zur Aufführung. Hier wurde das Publikum in eine eigentliche Traumlandschaft entführt, in der ein Faun, ein bocksfüssiges Wesen aus der antiken Sagenwelt, sich in der flirrenden Hitze eines Sommertages seines Tagtraumes hingibt. Das sehr bekannte Werk mit seinen wunderschönen Solopartien für Flöte und den harmonischen Harfenklängen liess das Publikum noch einmal mitten in den Sommer eintauchen. Das schillernde Stück wurde von den jungen MusikerInnen glasklar und mit grosser Brillanz gespielt.
Ganz andere Charaktere bekam das Publikum im «Le boeuf sur le toit» von Darius Milhaud (1892 bis 1974) zu hören. Obwohl ein Zeitgenosse von Debussy, ist seine Musik ganz gegensätzlich und kann als expressionistisch bezeichnet werden. Das teilweise sperrige Werk faszinierte mit grossen Tempi- und Charakterwechseln und verlangte von den MusikerInnen ein hohes Mass an Konzentration. Auch die südamerikanischen Rhythmen mit denen das Werk reich bespickt ist, sind zwar für das Publikum mitreissend und abwechslungsreich, aber für das Orchester schwierig zu spielen. Doch die jungen Leute wussten die Klippen mehr als nur zu umschiffen. Sie spielten mit hörbarem Enthusiasmus und boten einen wahren Hörgenuss.
Sinfonisches Traumland
Mit der Sinfonie Nr. 6 «Pathéthique» von Pjotr Ilijitsch Tschaikowski (1840 bis 1893) kam ein wahres sinfonisches Schwergewicht zur Aufführung. Hier wurde von den jungen MusikerInnen ein hoher Grad an Konzentration und Kondition verlangt, dauert doch die Aufführung dieser grossen Sinfonie rund 50 Minuten. Was der russische Komponist alles musikalisch in sein Werk verpackt hat, das verlangte nach der Pause noch einmal Höchstleistung pur. Leise und klar war der zweite Satz, imposant und gewaltig der dritte Satz, und schliesslich pathetisch und voller Inbrunst gespielt der abschliessende vierte Satz. Hier zeigte das junge Orchester seine wahre Grösse. Wer jemals gezweifelt hat, dass so junge Leute solche Werke glaubhaft interpretieren können, der wurde hier in der Alten Kirche Boswil mit Garantie davon überzeugt, dass es möglich ist. Das JSAG als Klangkörper weiss längst zu überzeugen. Die Konzerte können mit gutem Recht als kleiner Geheimtipp gehandelt werden.
Wer also das Konzert in der Alten Kirche Boswil verpasst hat, der hat am kommenden Wochenende noch einmal die Chance. Am Freitag, 18. August, um 19.30 Uhr ist das junge Orchester in der Kirche St. Peter in Zürich zu hören, und am Sonntag, 20. August, um 17 Uhr wird im Kultur- und Kongresshaus in Aarau konzertiert.
Bettina Leemann
13. August, 2017
Bilder: Bettina Leemann
Nähere Informationen und Tickets unter www.kuenstlerhausboswil.ch