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Die Künstlerin Véronique Zussau lässt Neues entstehen.
Kultur
Die Künstlerin Véronique Zussau (*1962) ist zufällig zur Grand Tour gestossen, aber jetzt steckt sie mitten in der Erarbeitung ihres Objektes.
Datum: 07. April 2022

Es sei eine wertvolle Bereicherung den Maler Caspar Wolf und seine Malerei zu entdecken, erklärt Véronique Zussau im Gespräch. So sei sie acht Stunden gelaufen und war zum ersten Mal auf einem Gletscher. «Es war ein bewegtes Gefühl, ein sinnliches Bild für das Ungleichgewicht zwischen dieser Kraft der Natur und der Frage, wo stehen wir.» Da seien das Rollen der Steine, das fliessende Wasser und die Geräusche aus dem Gletscher – alles irgendwie in Bewegung und löst auf verschiedenen Ebenen Gedanken und Bilder aus.

Minimalismus – die Balance
Sie habe vor Jahren begonnen in die Gestaltung ihrer Objekte die Natursachen miteinzubeziehen. Da waren die Bäume verletzt nach einem Sturm, die herumliegenden Äste und die vielen scheinbar nicht mehr zu brauchenden Materialien, die es überall zu entdecken gibt, erklärt Véronique Zussau. Sie habe sich die Frage gestellt: «Wie kann ich Kunst machen mit Materialien, die man danach wieder neu verwandelt für andere Objekte umsetzen kann?» Sie wolle sich mit der Natur befassen und auseinandersetzen ohne sie zu verletzen, betont sie. So setze sie gefundene Stücke zu einer Installation zusammen, die man beachten und geniessen kann, und dann komme der Zeitpunkt, an dem sie alles wieder demontieren könne. «Ich habe die Brücke zu Caspar Wolf und seinen Gletscherbildern gesucht.» Bei ihrem Besuch auf dem Gletscher habe sie das fliessende Wasser im Gletscher drin wahrgenommen wie ein sich selbst in Bewegung haltender Fluss. «Das war eine spezielle Erfahrung, denn diese Welt ist ein bisschen unbequem und kein Ort, wo ich verweilen möchte.»

«Wir sind da, so ist das Leben – und dann wieder weg.»

Véronique Zussau

Es beginnt zu leben als Gletscher
Im Atelier lasse sie Gefässe entstehen, durch die das Wasser wie im Gletscher fliesst. Mit dieser entstehenden Kraft arbeite sie, fange die Spannungen ein und es entsteht eine Balance der Ruhe und Stabilität. Dadurch sollen Gemeinsamkeiten des Moments entstehen, ein sich berühren lassen, erklärt Véronique Zussau. «Auf den ersten Blick ein Objekt, aber beim Betrachten sieht man den Gletscher und sein Inneres – es bewegt sich was und beginnt zu leben.» Sie habe mit ihrem Objekt nicht zwingend den Betrachter*innen etwas zu sagen, aber ihre Seele ansprechen möchte sie. «Kunst machen ist eine Möglichkeit aufzuzeigen, dass man die Welt auch anders sehen kann.» So müssen ihre Objekte nicht stehen bleiben, wo sie im Moment stehen. Das Schönste sei doch, wenn man sie irgendwohin verschieben oder neu gestalten könne. Es könne sicher wichtig sein, die Objekte als Sammlung zu behalten – aber ist das notwendig?

Richard Wurz
10. April 2022
Bilder: Richard Wurz

Weitere Informationen unter www.diezukunftkuratieren.ch/ und www.murikultur.ch/ und www.zussau.ch