Die deutsch-russische Geigerin Alina Pogostkina spielt gemeinsam mit dem Bratschisten Nimrod Guez und dem Cellisten Danjulo Ishizaka in der Alten Kirche Boswil ein Meisterkonzert.
«Ich will nicht mit jemandem spielen, den ich musikalisch zwar interessant finde, mit dem ich mich menschlich aber nicht finde. Entscheidend ist, mit offenen Ohren aufeinander zuzugehen. Danjulo Ishizika, Nimrod Guez und ich, wir sind uns auch freundschaftlich sehr verbunden.» Alina Pogostkina weiss ganz genau was sie will – und was sie nicht will.
Das war freilich nicht immer so. Als Wunderkind gehandelt, wurde die Geigerin schon im frühesten Alter ein Opfer des damaligen russischen Drills: viel üben, viel Druck. Sie erinnert sich: «Status, Erfolg, Anerkennung. So wurde ich erzogen: Ich muss mir meinen Weg erkämpfen und ganz berühmt und erfolgreich werden.» Der harte Drill hat gefruchtet. Alina Pogostkina wurde ein Star. Heute hat sie den Mut, über die Schattenseiten zu sprechen: «Ich habe eine Therapie gemacht, um überhaupt zu verarbeiten, was mit mir als Kind passiert ist.»
Für Alina Pogostkina (Festival Artist am Boswiler Sommer 2009) und den deutschjapanischen Cellisten Danjulo Ishizaka (Gast bei den Meisterkonzerten 2008) ist es nach zehn Jahren eine Rückkehr nach Boswil. In der exquisiten Gattung Streichtrio werden sie dabei ergänzt vom israelischen Bratschisten Nimrod Guez. Die drei Musiker gehören zu den herausragenden Interpreten ihrer Generation.
Exquisit wie die Gattung und herausragend wie die Musiker ist auch das Repertoire dieses Abends. Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 bis 1791) Divertimento ist ein vollendetes und weit ausgreifendes Meisterwerk, Alfred Schnittkes 1934 bis 1998) grosses Trio vereint ein weites Panorama an Stilen und Ausdrücken. Zwischen ihnen schlägt Franz Schuberts (1797 bis 1828) Streichtrio die Brücke.
Mittlerweile lebt Alina Pogostkina mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter in Berlin. In speziellen Seminaren hilft sie anderen Profimusikerinnen und -musikern, mit Leistungsdruck und Bühnenangst umzugehen. Die zentrale Frage lautet für sie: «Mache ich Musik, um reich und berühmt zu werden und anderen etwas zu beweisen? Oder mache ich Musik aus dem ganz tiefen Bedürfnis heraus, mich der Welt mitzuteilen, mich auszudrücken, meine Seele zu ergründen?» Die Antwort fällt ihr nicht schwer: «Ich befreie mich immer mehr von den äusseren Zwängen und Erwartungen und dringe zu meinem Innersten vor. Ich höre auf mein Herz und meine Seele.»
freiamtplus
22. April 2019
Bild: zVg
Das Konzert findet am Sonntag, 28. April um 17 Uhr in der Alten Kirche Boswil statt. Michael Schneider ist um 16 Uhr im Gespräch mit den Musikern. Weitere Informationen unter www.kuenstlerhausboswil.ch/konzerte