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Die Alte Kirche Boswil als Klangraum einmal etwas ungewohnt genutzt hat das Jugendorchester Freiamt unter der Leitung von Anne-Cécile Gross bei der aktuellen Sommertournee unter dem Titel «Weltanschauung».


JOF 3Eigentlich war das Programm «Weltanschauung» als Geschenk an zwei treue Gastgeber, nämlich die St. Josef-Stiftung in Bremgarten und die Klosterkirche Gnadenthal im Reusspark gedacht, denn beide Institutionen feiern in diesem Jahr ein Jubiläum. In diesem Sinne hatte Anne-Cécile für die beiden sehr intimen und beschaulichen Orte ein passendes Musikprogramm zusammengestellt, denn für einmal waren die Konzerte im Kreuzgang vorgesehen. Traditionell feierte aber das Jugendorchester Freiamt seine Premiere in der Alten Kirche Boswil und da diese ja bekanntlich keinen Kreuzgang, aber einen wunderbaren Kirchenraum für Konzerte hat, wurde dieser einfach anders bespielt. Das Publikum sass sozusagen «verkehrt» in der Kirche, nämlich dort wo normalerweise die KünstlerInnen auf der Bühne stehen und das Orchester direkt im Zuschauerraum.

Wobei man auch hier den Gedanken des Kreuzgangs aufnahm und bei einzelnen Werken die jungen MusikerInnen in vier kleinere Gruppen verteilt ausgerichtet nach den Himmelsrichtungen in der Alten Kirche Boswil standen und musizierten. So entstand in der Alten Kirche Boswil ein ganz neuer und ungewohnter Klangkörper ‒ das Publikum wurde zum Zentrum, rundum von Musik umgebe. Eine überaus reizvolle Erfahrung, die auf viel Wohlwollen und Anerkennung stiess.

Wechselnde Weltanschauungen
Es war ein überaus anspruchsvolles aber sehr reizvolles Repertoire, welches die jungen MusikerInnen des Jugendorchesters Freiamt unter der Leitung von Anne-Cécile Gross einstudiert hatten. Im musikalischen Sinne widerspiegelte es die unterschiedlichsten Weltanschauungen der jeweiligen Epochen, in denen die jeweiligen Komponisten gelebt hatten. Sich in diese Welten hinein zu fühlen und zu denken ist gerade für die jungen MusikerInnen nicht gerade eine einfache Aufgabe. Aber Anne-Cécile Gross weiss längst, wie sie die jungen Menschen für die ausgewählte Musik begeistern und ihnen vermitteln kann.

Gerade dieses Feingefühl der charmanten Dirigentin macht die Konzerte des Jugendorchesters Freiamt von Mal zu Mal zu einem besonderen Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Auch wenn das Orchester immer mal wieder aufgrund von Wechseln, aufgrund des Alters der Mitwirkenden, neu zusammengesetzt ist und sich neu finden und erfinden muss, gelingt dies Anne-Cécile Gross immer wieder von Neuem.

So konnte man in der Alten Kirche Boswil sich einfach hinsetzen und geniessen. Da war beispielsweise Robert Ashleeys (1930 bis 2014) zeitgenössische Komposition, welche wie eine Mediation auf das Publikum wirkte. Das Siegfried Idyll von Richard Wagner (1813 bis 1883), welches in die Welt der Mythen und Legenden entführte oder die beiden Sätze aus dem Concerto grosso von Karl Jerkins (*1944), welche mitreissend und begeisternd waren. Sperrig dagegen und hochfragil die Komposition von Dmitrij Schostakowitsch (1906 bis 1975). Die schwierige Zeit des Kommunismus, des nicht freien Äussern der Meinung ist in diesem Werk förmlich hörbar. Das Lachen bleibt im Halse stecken und doch bricht es in der Komposition des russischen Komponisten immer mal wieder durch. Alle diese Herausforderungen meisterten die jungen MusikerInnen vorzüglich und bereiteten damit dem Publikum einen Abend mit musikalisch verblüffenden Weltanschauungen.

Bettina Leemann
16. Juni 2019
Bilder: Bettina Leemann

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