Vier MusikerInnen finden sich zu einem Quartett und bieten hervorragende Musik ‒ und das menschliche Befinden? Nach dem Konzert «Phönix» in der Alten Kirche Boswil weiss man auch diesbezüglich ein bisschen mehr.
Für einmal fand auch das Wort seinen Platz innerhalb eines Konzertes, denn zwischen den Werken von Wolfgang Amadé Mozart (1756 bis 1791) und Antonín Dvořák (1841 bis 1904) gaben Sonja Simmenauer (Berliner Impresariat Simmenauer) und Matthias Enderle und Chiara Enderle Samatanga (Carmina Quartett) unter der Leitung von Festivalleiter Andreas Fleck einen aufschlussreichen Einblick in die Hintergründe eines Quartetts. Dies sei gleich vorweggenommen: Nach dem Konzert mit der Gesprächseinlage war man sich im Publikum einig, dass es Quartetts braucht und unterstrich dies auch mit grossem Applaus, so dass, sehr zur Freude der BesucherInnen, die Zugabe eigentlich schon gegeben war.
Musik der feinsten Art
Man muss Wolfgang Amadé Mozart als Komponisten nicht in allen Belangen musikalisch gern haben, aber es war ein Genuss dem Carmina Quartett mit Matthias Enderle und Agata Lazarczyk (Violine), Wendy Champney (Viola) und Chiara Enderle Samatanga (Violoncello) das Streichquartett d-Moll KV 421 von Wolfgang Amadé Mozart hören zu dürfen. Es war beeindruckend wie das Carmina Quartett jede einzelne Nuance des Werkes musikalisch umsetzte und so das Ganze zu einem musikalischen Erlebnis werden liess. Auch das Streichquartett op. 96 das «Amerikanische» von Antonín Dvořák kann man in dieser Intensivität und Klarheit, interpretiert auf hohem Niveau, nicht oft hören. Mit dem harmonischen und einvernehmenden 4. Satz Finale: Vivace ma non troppo entliessen die vier MusikerInnen ein begeistertes Publikum in den lauen Sommernachmittag.
Musik ist das eine …
…in einem Quartett spielen das Spezielle. Natürlich brauche es viel Energie und Kraft, meinte Matthias Enderle (Gründungsmitglied des Carmina Quartetts), denn letztlich müssten sich vier Individualisten finden und das sei harte Arbeit, nur zu viert zu spielen. Es sind wohl vier Instrumente aus der gleichen Familie, aber dahinter stehen vier MusikerInnen mit ihren Ideen und Erfahrungen. Aus der Gesprächsrunde kam auch klar hervor, dass mit einer professionellen Einstellung das Zusammenspiel im Quartett durchaus auf höchstem Niveau möglich sei, aber mit hinein spiele auch das persönlich-menschliche Befinden. Und das musikalische und persönliche immer auseinander halten zu können, fordere jedes einzelne Quartett-Mitglied immer wieder heraus, denn bei einer zu starken Vermischung leide letztlich die Musik darunter.
Sonia Simmenauer erinnerte als Agentin für namhafteste Streichquartette der Gegenwart mit einem Lächeln daran, dass es ein sich finden, alle mit ihren Geschichten, Schicksalsschläge und Höhepunkten gebe, aber genau das sei das Quartett, das nur das Ziel hat, gemeinsam auf höchstem Niveau zu musizieren. Natürlich gebe es in jedem Quartett auch einen Chef, aber keinen Chef, der versöhnen könne, denn seine Aufgabe sei es, dass sich die Mitglieder auf einer emotionalen Ebene finden können ‒ alles für die Musik. Auf Wünsche angesprochen, meinte Chiara Enderle Samatanga, dass sie keine habe, denn das Mitwirken im Carmina Quartett ihrer Eltern sei für sie ein Geschenk und sie wolle sich einfach als Musikerin und Mensch eingeben. Für Matthias Enderle besteht diesbezüglich weder familiär noch aufgrund des Altersunterschied innerhalb des Quartetts ein Problem. «Die ‹alten› Hasen spielen weiter aus Freude und die Jungen bringen ihre Lockerheit mit. Diese Mischung wirkt sich kreativ aus.» So würde auch der Stil eines jeden Quartetts entstehen, das ihm eigen ist.
Im Laufe der Zeit habe sich aber einiges geändert, war zu hören aus der Gesprächsrunde. Früher seien die Quartette wochenlang gemeinsam unterwegs gewesen, das heisst, man war sehr viel zusammen. Das sei heute nicht mehr zwingend und auch nicht mehr so vorstellbar. Die Frage wieviel man was mit wem im Quartett teilen und wieviel Leidenschaft man eingeben wolle, sei individueller geworden. Das Gremium war sich aber einig, dass es ein Muss sein muss, im Quartett musizieren zu wollen und können.
Richard Wurz
7. Juli 2019
Bilder: Richard Wurz