Eine eindrückliche Inszenierung von «Liebeszeiten» mit dem Theaterensemble des Kellertheaters Bremgarten unter der Regie von Thomy Truttmann.
Da sitzen sie, die altgewordenen Anna und Jakob, und wollen Ordnung in ihr Leben bringen mit einem Rückblick auf ihr Leben, das jeder auf unterschiedliche Art erlebt hat. Da der inzwischen ein bisschen knorrig gewordene Jakob (Erich Borner) im Rollstuhl, daneben die verständnisvolle Anna (Barbara Berner) ‒ ein aufwühlendes Gespräch über das, was man verpasst hat, aber mitgetragen von guten Erinnerungen.
So neben der Bühne sitzend, wird ihnen auf der Bühne das eigene Leben, die verpassten Möglichkeiten sich zu finden, intensiv vor Augen geführt. Es ist wie ein letzter Versuch nicht nur Ordnung in ihr Leben zu bringen, sondern gemeinsam den inneren Frieden zu finden.
Ein langes Leben gerafft
Mit dem Stück «Liebeszeiten» von Kurt Bösch bringt Regisseur Thomy Truttmann mit den Theaterleuten Alltag auf die Bühne. Dabei wird den beiden alten Menschen aufgezeigt, welchem gesellschaftlichen und sozialen Druck sie unterlagen und sich so nicht zusammen finden konnten.
Es ist ein Spiel des Lebens ‒ Anna, die sich den gegebenen Gepflogenheiten im kleinen Dorf unterordnet, sich selbst zurückstellt und bei aller inneren Unzufriedenheit der Verpflichtung als Mutter und Ehefrau nachzukommen versucht. Jakob, der als Ingenieur das Leben zu geniessen weiss und im beruflichen Umfeld irgendwie auch untergeht. Die Liebesaffäre der beiden führt sie nicht zusammen, denn Anna will ein geordnetes Leben in Liebe und gegenseitigem Respekt ‒ Jakob will sie einfach als Frau mitnehmen auf seine Berufsreisen. Anna lehnt dies ab, weil sie sich so nur Anhängsel und nicht als selbständige Person fühlen würde.
In den Szenen erleben die beiden noch einmal wie kontrovers ihr Leben verlaufen ist. Natürlich gibt es die einzelnen Zeitabschnitte nur stichworthaltig und man muss sich immer wie in einem Zeitraffer neu einfinden. Ein auf sich wirken lassen einzelner Szenen hatte keinen Platz, sonst hätte man den Anschluss in die nächste Szene verpasst. Thomy Truttmann hat es aber hervorragend verstanden mit seinen Theaterleuten das Publikum nachhaltig mit den einzelnen Situationen zu konfrontieren und es gleichzeitig auf eine wohltuende Art in die nächste Phase mitzunehmen. Es war eine Auseinandersetzung mit dem politischen, gesellschaftlichen und sozialen Geschehen im Leben von Anna und Jakob ‒ für die beiden wie ein Blick in den Spiegel.
Die Unterschiede waren zu gross und doch war man sich so nahe ‒ nun sitzt es da, das alte Paar, das nie ein Paar wurde. Mit dieser Eigeninszenierung bringt das Kellertheater Bremgarten ein Stück auf die Bühne, das Spuren hinterlässt. Es ist aber trotz des Spiegels, den man vielleicht vorgehalten bekommt, ein genussreicher Theaterabend, hervorragend inszeniert und gespielt vom Theaterensemble des Kellertheaters Bremgarten, begleitet mit einfühlsamer Musik vom Akkordeonisten Sergej Simbirev.
Richard Wurz
24. Februar 2019
Bilder: Richard Wurz
«Liebeszeiten» wird bis 6. April jeweils Freitag und Samstag um 20.15 Uhr aufgeführt. Vorverkauf: Bär Optik, Marktgasse 25, Bremgarten, Telefon 056 633 44 22. Weitere Informationen unter www.kellertheater-bremgarten.ch