Der Kreuzgang des Klosters Muri gehörte für einen Moment ganz der Barockmusik, gespielt vom Ensemble 392
Der Konzertabend am vergangenen Samstagabend umfasste in seinem Schwerpunkt die französische Barockmusik, verbunden mit einer interessanten Spurensuche nach der Beeinflussung des italienischen Barocks. Das Ensemble 392 mit Marie-Sophie Pollak (Sopran), Julia Stocker (Traversflöte), Johannes Ötzburger (Theorbe) und Tizian Naef (Cembalo) verstanden es auf hervorragende Art die Werke zu interpretieren und begeisterten mit ihrem Spiel das Publikum vollauf.
Eine Reise durch die Zeit des Barocks
Den französischen Werken von Jean-Baptiste Morin (1677 bis 1745), Philippe Courbois (vor 1700 bis nach 1730) und Michel Blavet (1700 bis 1768) stand ein italienisches Werk von Antonio Vivaldi (1678 bis 1741) gegenüber. Interesse weckten aber nicht nur die Werke aus der italienischen und französischen Barockzeit, sondern auch das Zusammenspiel der MusikerInnen. Die Theorbe und die Traversflöte bildeten eine wunderbare Harmonie und wurden perfekt ergänzt durch die betörende Stimme der Sopranistin und dem begleitenden Cembalisten. Die vier MusikerInnen brillierten mit ihrer Musikalität und das auf sich Eingehen. Sie nahmen das Publikum mit auf eine musikalische Reise ins 18. Jahrhundert. Den Abend des Barocks wurde mit «La Rose» von Jean-Baptiste Morin eröffnet, eine sehr musikalisch und gefühlvoll vorgetragene Hymne an die Rose.
In der Kantate von Phlippe Courbois erzählte das Ensemble die Geschichte von «Ariane», der schönen Frau, die auf der Insel zurückgelassen wurde. Es war ein Bogen der Empfindungen von Freude, Erwachen, Aufbrausen und Trauer, hervorragend interpretiert von den vier MusikerInnen. Sopranistin Marie-Sophie Pollak meinte mit einem Lächeln zur Geschichte von Ariane, dass die schönen Frauen sich nicht länger von den Männern bezirzen lassen sollen. Das Publikum liess sich hingegen vom Ensemble weiter gerne bezirzen und liess sich von der «Sonata seconda» begeistern.
Zum Abschluss des Konzerts konnte man Barockmusik aus Italien geniessen. Interpretiert wurde «All′ombra di sospetto» von Antonio Vivaldi, eine Kantante für Gesang und Traversflöte.
Spuren von Lebendigkeit und Melancholie
Es vermag sicher viele Einflüsse in der Barockmusik zwischen Italien und Frankreich geben, aber musikalische Spuren waren in den vorgetragenen Werken nicht explizit zu entdecken. Die Werke französischen und italienischen Ursprungs waren in sich zum Hören herrlich verschieden, und doch hatten sie so viel Gemeinsames. Die Spuren vermischten sich dahin, dass die Barockmusik aus Frankreich eher melancholisch und trotzdem impulsiv erklang, während beim Werk aus Italien stark die Lebendigkeit zum Tragen kam.
Insgesamt war es aber an diesem Abend im Kreuzgang unbedeutend, ob man die Spuren gefunden hatte, denn das Ensemble harmonierte auf hervorragende Weise und musizierte in einem Einklang auf hohem Niveau. Ganz speziell überzeugend waren die Sopranistin Marie-Sophie Pollak mit ihrer klaren Stimme und Flötistin Julia Stocker mit ihrem präzisen Spiel. Die vier MusikerInnen brachten eine wohltuende Stimmung in den Kreuzgang und bedankten sich für den grossen und berechtigten Applaus mit einer Zugabe.
Richard Wurz
25. Juni 2017
Bilder: Richard Wurz