Ein stimmungsvoller Konzertabend mit bulgarischer und rumänischer Musik in der Alten Kirche Boswil.
Man kann durchaus in andere Länder reisen, um ihre Kultur für einen Moment erspüren zu können. Oder man nutzt die einmalige Gelegenheit anlässlich des Festivals «Boswiler Sommer» und lässt sich musikalisch in ein anderes Land verführen. Am vergangenen Montagabend war es diesbezüglich soweit. Zu Gast waren in der Alten Kirche Boswil das Eva Quartett, das Ensemble Tri I Dve und die Musiker Jonian Kadesha (Violine), Nicholas Rimmer (Klavier) und Johannes Fischer (Perkussion). Es sei gleich vorab angemerkt ‒ es war musikalisch ein berauschender Abend auf hohem Niveau.
Mit allen Schattierungen des Lebens
Die vier Sängerinnen Gergana Dimitrova (Sopran), Sofia Kovacheva (Mezzo-Sopran), Evelina Christova (Alt) und Daniela Stoichkova (Kontra-Alt), die das bulgarische a capella Eva Quartett bilden, begeisterten mit ihren Interpretationen vom ersten Ton an das Publikum in der vollbesetzten Alten Kirche . Es war ein lebendiger Auftritt der vier Sängerinnen in ihren bulgarischen Trachtenkleidern, und sie beeindruckten mit ihrem Gesang. Jede einzelne Stimme war mittragend und keine drängte sich vor, um die anderen zu übertönen, sondern es waren wohltuend präsentierte bulgarische Volkslieder in einer selten so gehörten Harmonie.
In ihren Liedern erzählten die vier Sängerinnen Geschichten aus ihrem Land Bulgarien und spannten den Bogen von der tragischen Schäferszene über das Hochzeitslied bis zum imaginären Gespräch zwischen einem Mädchen und einer Taube. Ob sie von Land und Leuten sangen oder im Sprechgesang erzählten, sie nahmen die BesucherInnen mit auf eine wunderschöne Reise. Dies unterlegt mit allen Schattierungen des Lebens ‒ Melancholie, Freude, Trauer und Liebe. Das Eva Quartett brillierte mit einem leidenschaftlichen Gesang, getragen von einem inneren Feuer und Leidenschaft.
Die Seele kam zum Tragen
Dem herrlichen A-Capella-Konzert setzten dann Nicholas Rimmer, Johannes Fischer und das Tri Dve Ensemble noch einen weiteren musikalischen Höhepunkte drauf. Ihre Interpretation der Violinsonate Nr. 3 von Georges Enescu (1881 bis 1955) war ein eindrückliches Erlebnis. Der erste Satz erinnerte in seiner Leidenschaftlichkeit an die Zigeunermusik. Beim «Andante sostenuto e misterioso» spürte man die rumänische Seele, eine tiefe Melancholie, die in die Weite des Landes führte. Im dritten Satz durfte man eine musikalisch einmalige Zwiesprache zwischen Violine und Klavier erleben, die zum Abschluss förmlich explodierte.
Der zweite Teil gehörte dann ganz der Musik des Balkans und den rumänischen Volkstänzen. Da war der gedanklich inspirierende Dialog zwischen dem armenischen Flötenspiel und der Harfe, gesanglich mitgetragen von den vier Sängerinnen. Als sich dann noch das Streichinstrument, der Kontrabass und die Schlaginstrumente «einmischten» entstand eine hochstehende Session von Harmonie und Musikalität. Das begeisterte Publikum wurde zum Abschluss mit traditionellen Klezmer-Tänzen für Duduk, Harfe und Orchester entlassen.
Theres Honegger
6. Juli 2017
Bilder: Künstlerhaus Boswil
Weitere Informationen: Der Boswiler Sommer findet noch bis 9. Juli statt. Ticketbestellung: www.kuenstlerhausboswil.ch