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Kinder in einem klassischen Konzert? Gehört sich das – oder sollen sich Kinder und Eltern mit Kinderkonzerten zufrieden geben?


Gügüg6Was haben Kinder in einem Konzertsaal, oder in der Oper verloren? Nichts - würden nun wohl viele Leserinnen und Leser antworten, denn Kinder können nicht still sitzen und nicht ruhig sein. Ausserdem verstehen sie nichts von der gespielten Musik, die ist nicht für ihre Ohren bestimmt. Doch sollte mit diesem Vorurteil nicht längst aufgeräumt werden. Wie sollen Kinder an eine bestimmte Musik herangeführt werden, wenn sie nie damit in Berührung kommen? Das ist die eigentliche Herausforderung an die Kulturinstitutionen, die es sich Ziel gesetzt haben, an ihren Häusern die Menschen auch in der Zukunft für klassische Musik zu begeistern. Dass die manchmal nicht ganz einfach ist lässt sich an den Besucherzahlen von sogenannten «Kinderkonzerten» oder «Familienkonzerten» ablesen. Sie fristen ein Nischendasein und kämpfen praktisch um ihr Publikum. Nur damit sie mich an dieser Stelle richtig verstehe. Wir sprechen nicht von Konzerten im Stile von Kinderbands wie «Andrew Bond», «Marius und die Jagdkapelle», und wie sie alle heissen. Wir sprechen von «Kinderopern» und «Kinderkonzerten» wie «Vogelkonzert» und «Fell und Feder» mit Musik, die mehr oder weniger klassische Musik zum Inhalt hat.

Warum sollen Kinder ins Konzert?
Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es auch in der Kulturinstitution Alte Kirche Boswil in regelmässigen Abständen sogenannte Kinderkonzerte. Verantwortlich für das Engagement der Leute ist Stefanie C. Braun. Die charmante, aus München stammende Sängerin weiss, wie schwierig es ist in der heutigen Zeit Musik zu vermitteln und trotzdem hält sie an ihrem Konzept fest. «Es braucht diese Kinderkonzerte, denn es ist die Möglichkeit die Kinder mit Musik auf einem ganz niederschwelligen Niveau in Berührung zu bringen», hält die quirlige Sängerin fest. Kinder, das merkt man ihr sofort an, liegen ihr am Herzen. Genauso wichtig ist es ihr aber auch, diesem jungen Publikum ein qualitativ gutes Programm zu bieten. «Ich will in den Kindern die Lust an Musik wecken, die Neugier, sich etwas Aussergewöhnliches anzuhören, das ihnen vielleicht nicht unbedingt vertraut ist, aber das doch ihre Neugierde und ihr Interesse weckt», fasst sie ihre Einstellung zusammen. Früher so hält Stafanie Braun fest, hätten die Schulen auch viel Arbeit im Bereich der Musikvermittlung übernommen, aber inzwischen sei dies aus Spargründen längst aus den Lehrplänen gefallen. «Früher hatte man in der Schule auch noch Zeit eigene Schulaufführungen zu machen oder mit den Kindern auch einmal eine entsprechende Veranstaltung zu besuchen», resümiert sie nachdenklich. Das sind Tempi passati. Natürlich hat man heute Musikschulen, welche den Kindern auf hohem Niveau Instrumentalunterricht vermitteln, aber das bedingt, dass die Eltern im Hintergrund bereits einen Bezug zur Musik haben und die Kinder zur Musik respektive dem Instrument hinbringen.

Es müssen Zwischenformate entwickelt werden
Mit der Erwähnung der Eltern ist Stefanie Braun auch bei einem weiteren wesentlichen Punkt in der Musikvermittlung angekommen. Es gibt ganz viele Leute im jungen und mittleren Alterssegment, denen der Bezug zur klassischen Musik bereits fehlt. Diese Leute haben nicht die Musse, die Zeit oder den Mut, sich auf klassische Formate einzulassen, weil sie sich nie bewusst mit dieser Art Musik auseinandergesetzt haben. «Aus diesem Grund müssen wir Zwischenformate schaffen. Die grossen Orchester müssen sich etwas einfallen lassen und Konzertreihen ins Leben rufen, die neue Wege beschreiten», gerät die Sängerin ins Redefeuer. Kürzere Formate, die nicht so steif sind schweben ihr dabei vor. Formate, die auch die ganze Familie ansprechen. «Wenn sich die Orchester nicht verändern und auf ihrem hohen Ross sitzen bleiben, dann haben sie irgendwann kein Publikum mehr», ist Stefanie C. Braun der festen Überzeugung. Dies soll natürlich auf gar keinen Fall passieren und so hält sie auch vorläufig an ihren Kinderkonzerten fest, auch wenn sie manchmal nicht besonders gut besucht sind. Und vielleicht kann man irgendwann regelmässige KonzertgängerInnen davon überzeugen, dass sie wie in einem Art Göttisystem jemanden zu einem Konzert mitnehmen, der alleine dazu nicht den Mut hätte. Ideen gibt es einige die Umsetzung in die Realität ist manchmal nicht ganz so einfach.

Bettina Leemann
20. Mai 2018
Bilder: Bettina Leemann

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