Für einmal gab es den Aargauer-Pianisten Oliver Schnyder im Festsaal des Klosters Muri zu hören.
Mit einem Piano-Recital gastierte der Aargauer-Pianist Oliver Schnyder kürzlich im Rahmen von Musik im Festsaal in Muri. Dabei hatte er ein Programm zusammengestellt, das man in dieser Form nicht jeden Tag zu hören bekommt. Damit liess er das Publikum in eine einmalige Welt der Klaviermusik eintauchen.
Emotionen pur
Der Einstieg in den Abend machte Oliver Schnyder mit der Sonate Nr.4 in e-Moll von Carl Maria von Weber (1786 bis 1826). Schwer drückt die Stimmung im ersten Satz, doch immer wieder tauchen einzelne Hoffnungsschimmer auf. Der zweite Satz kommt sehr energisch daher und seinen absoluten Höhepunkt findet das Werk in vierten und letzten Satz. Hier wird vom Pianisten nicht nur eine perfekte Technik und schnelle Finger verlangt, sondern auch viele Emotionen, die er in sein Spiel einfliessen lassen muss. Ein Werk, das dem Schweizer Pianisten perfekt in den Fingern liegt. Leichtfüssig und unheimlich schnell mit viel Gefühl weiss Oliver Schnyder zu spielen und zieht damit das Publikum so sehr in seinen Bann, dass dieses kaum zu atmen wagt zwischen den einzelnen Sätzen.
Auch das zweite Werk an diesem Abend, die Variations sérieuses in d-Moll von Felix Mendelssohn (1809 bis 1847) sind technisch unheimlich anspruchsvoll zu spielen und gelten als eines der Meisterwerke des Komponisten. Immer wieder wechseln die Stimmungen in diesem Werk und verlangen vom Interpreten, dass er schnell von der einen zur anderen Variation wechselt und dabei jeweils auch eine ganz andere Stimmung aus seinen Tasten zaubert. Überaus abwechslungsreich war die Interpretation von Oliver Schnyder und man bekam mit diesem Werk einen überaus repräsentativen Vorgeschmack, auf das feinstimmige und gleichzeitig sehr intensive Klavierspiel, das einem an diesem Konzertabend noch erwarten würde.
Kriegerische Töne und traumhafte Impressionen
Nach der Pause stand dann die Sonate Nr. 6 in A-Dur von Sergej Prokofjew (1881 bis 1953) auf dem Programm. Schroffe Themen und militärisch klingende Rhythmen sind in diesem Werk durchaus vorherrschend und verlangen vom Publikum ein intensives Zuhören. Diese Sonate des russischen Komponisten ist keinesfalls bequem und einfach auszuhalten. Sie ist unnachgiebig und verlangt die volle Aufmerksamkeit, sowohl vom Pianisten als auch vom Publikum. Ganz anders vom Charakter war dann die Ballade in Fis-Dur des französischen Komponisten Gabriel Fauré (1845 bis 1924). Hier liess Oliver Schnyder die ganze Klangwelt des Impressionismus auferstehen und erzeugte wunderbare Traumbilder, die das Publikum dann in die Nacht entliess. Obwohl an dieser Stelle bemerkt sei, dass man selbstverständlich Oliver Schnyder auch in Muri nicht ohne eine Zugabe und stehende Ovationen von der Bühne gehen liess. Das lockere und sehr gefühlvolle, wo nötig aber auch überaus kraftvolle Klavierspiel des Pianisten wusste zu Recht zu begeistern und ist immer wieder von neuem ein wahrer Genuss. Einem solch ausgewogenem Klavierspiel zuzuhören ist wahrlich ein grosses Vergnügen, so dass man dem Aargauer Pianisten auch in Muri nur zu gerne noch länger zugehört hätte, welche Töne und Nuancen er denn diesem Flügel noch entlocken kann.
Bettina Leemann
18. November 2018
Bilder: Bettina Leemann